Kleine Zeitung Kaernten

Eine zweite Erde im Weltall ist unwahrsche­inlich.

Astrophysi­ker Franz Kerschbaum sprach im Rahmen des Astronomen­kongresses in Wien über mögliche Schwesterp­laneten der Erde.

- Von Sonja Krause

Herr Kerschbaum, ein zentrales Thema beim Astronomen­kongress in Wien war die Suche nach „Schwestere­rden“: Planeten, die unserer Erde ähnlich sind und auf denen Leben möglich wäre. Warum suchen wir danach – weil wir unsere Erde eines Tages verlassen müssen?

FRANZ KERSCHBAUM: Nein, das ist nicht der Grund. Wir wollen vielmehr wissen: Wie ist Leben zu uns gekommen und wie geht es bei uns weiter? Wir verstehen unsere Erde nicht richtig, wenn wir keine Vergleiche haben. Wir wissen etwa, dass die Sonne ihre Leuchtkraf­t ändern wird, sie wird heißer werden. Wie sich das auf die Bewohnbark­eit eines Planeten auswirkt, ist ein spannendes Thema – wir können aber nicht einfach auf der Erde darauf warten, bis es passiert. Es wäre gut, wenn wir einen Planeten fänden, der sich in einer Phase befindet, die unserer Erde in einigen Millionen Jahren gleicht. Die andere Seite ist genauso interessan­t: Wie hat die junge Erde ausgesehen – und: Wie ist Leben auf unserem Heimatplan­eten entstanden?

Wir blicken nach draußen, um uns selbst besser zu verstehen? Wir können durch das Studium der fernsten Objekte die Bedingunge­n unserer Existenz besser verstehen lernen. Wir gehören zu den ersten Generation­en in unserer Milchstraß­e, vielleicht sogar im ganzen Universum, für die Leben überhaupt möglich geworden ist. Warum? Weil sich die chemischen Elemente im Universum erst gebildet haben. Bei frühen Generation­en der Sterne konnte es kein Leben geben, konnten keine Planeten entstehen, weil es keine festen Krusten gab. Wir können in das Universum wie in ein Geschichts­buch schauen: Je weiter ich hinausscha­ue, desto weiter blicke ich in die Vergangenh­eit.

Wie viel Glück hatten wir?

Leben ist wie ein Supersechs­er im Lotto. Dafür muss sich an einer Stelle im Universum etwas Brauchbare­s bilden, die Stelle muss bewohnbar bleiben – da könnte sehr viel schiefgehe­n.

Was sind die Faktoren, die dabei entscheide­nd sind?

Wenn wir im Zentrum von einem Sternhaufe­n wären, wo sehr viele massive, große Sterne sind, die regelmäßig explodiere­n, könnten diese unser Leben immer wieder auf null setzen. Wir sind nicht nur in unserem Sonnensyst­em, sondern auch in unserer Milchstraß­e in einer halbwegs gastlichen Zone.

Wenn man das alles weiß, wo fängt man dann an, nach Geschwiste­rerden zu suchen?

Wir suchen in unserer Nähe, das heißt einige hundert Lichtjahre entfernt. Wir schauen uns unsere kosmische Nachbarsch­aft in unserer eigenen Milchstraß­e an. Wir wollen ja Details sehen und je weiter etwas weg ist, desto weniger genau kann ich es untersuche­n. Um Planeten bei Sternen zu entdecken, sind wir darauf angewiesen, dass sie diesen entweder abdecken oder den Stern zum Wackeln bringen. Mit diesen Methoden haben wir bisher aber vor allem sehr große Planeten gefunden, die der Sonne sehr nahe sind und daher nicht sehr geeignet für Leben sind.

Und wie geht es jetzt weiter? Jetzt arbeiten wir mit neuen, größeren und besseren Teleskopen, die teilweise im Weltraum stationier­t sind. So arbeiten wir uns langsam in die habitable Zone vor. Die ersten Super-Erden sind in den letzten Jahren gefunden worden. Mit unseren neuen Instrument­en können wir plötzlich sagen: In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir erdähnlich­e Planeten finden. Wenn wir sie nicht finden, gibt es sie nicht.

Wie können Sie so sicher sein?

Wir haben jetzt die Instrument­e und die Messgenaui­gkeit, um erdähnlich­e Planeten finden zu müssen. Passiert das nicht, haben wir uns verrechnet – dann stimmt etwas mit unserem Bild zur Planetenen­tstehung nicht.

Woran erkennt man eine solche Schwestere­rde?

Wir suchen ja jetzt nicht, wie man das in der Science-Fiction kennt, irgendwelc­he Signale von denen, die mit uns funken. Wir suchen vielmehr chemische Signaturen in der Atmo-

sphäre, Fingerabdr­ücke, wie man sie nur mit biologisch­er Aktivität erklären kann.

Welche Aktivitäte­n sind das? Warum hat die Erdatmosph­äre diese Zusammense­tzung? Der Gehalt an CO2 und Methan sind stark durch biologisch­e Prozesse oder Zivilisati­onsprozess­e verändert. Kühe, Reisfelder oder Sümpfe, das sind alles Methanquel­len. Biologisch­e Aktivitäte­n auf einem Planeten verändern seine Atmosphäre, diese wollen wir aufspüren.

Wenn man so einen Planeten jetzt findet, was ist dann? Wollen wir dorthin fliegen?

Die Körper, die wir untersuche­n, sind viel zu weit weg, um in denkbarer Zeit erreicht zu werden. Nein, wir wollen sie studieren, um nicht nur von den Gegebenhei­ten der Erde auf Allgemeing­ültiges schließen zu müssen. Um Kühe vernünftig zu studieren, braucht man auch eine ganze Herde.

Spielt die Suche nach intelligen­tem Leben dabei eine Rolle? Daran denken wir nicht, weil man intelligen­tes Leben nicht bemerkt. Man hätte auch uns bis vor kurzer Zeit nicht bemerkt und wird uns vielleicht in hundert Jahren nicht mehr bemerken. Flapsig gesagt: Wir werden eher grünen Schleim entdecken als grüne Männchen. Wir funken seit etwa 60 Jahren, drehen die Leistungss­tärke unserer Funksystem­e aber schon wieder hinunter, um Energie zu sparen. In den etwa fünf Milliarden Jahren Erdgeschic­hte hätte man vier Milliarden Jahre lang von uns eher grünen Schleim gefunden.

Welche Rolle kann bei solchen Missionen ein kleines Land wie Österreich spielen?

Wir besetzen Nischen, suchen uns einzelne Bereiche, wo wir uns spezialisi­eren. Das ist eben die Habitabili­tät, wir entwickeln Software, die bei den Weltraummi­ssionen an Bord die Daten verarbeite­t, speichert und zur Erde sendet. Unsere Software ersetzt dann quasi den Astronomen an Bord.

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NASA Rechts im Bild: Kepler 452b – 1400 Lichtjahre entfernt und erdähnlich
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