Kleine Zeitung Kaernten

Der neue Stundenpla­n

Es war das Streitthem­a des Sommers: „Flexibilis­ierung“sagen die einen, „12-Stunden-Tag“die anderen. Morgen tritt die Novelle in Kraft.

- Thema-Team: Manfred Neuper und Roman Vilgut

Morgen treten die neuen Regeln für die Arbeitszei­t in Kraft. Was sie bringen, warum noch einiges unklar ist und wo die Gewerkscha­ft schon ab heute zu Protesten ruft.

1 Morgen tritt die neue Arbeitszei­tregelung in Kraft. Was ändert sich jetzt?

ANTWORT: Konkret werden die Höchstgren­zen der täglichen und wöchentlic­hen Arbeitszei­t erweitert. Weiterhin gilt in Österreich eine Normalarbe­itszeit von 40 Stunden pro Woche, acht Stunden pro Tag. Selbst mit Überstunde­n konnte bisher maximal 50 Stunden die Woche oder zehn Stunden pro Tag gearbeitet werden. 60 Stunden die Woche oder zwölf Stunden pro Tag durfte nur in Ausnahmefä­llen gearbeitet werden. Nun wird die Höchstarbe­itszeit auf diese Werte angehoben, man braucht keine Ausnahme mehr.

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Die Gewerkscha­ft spricht vom 12-Stunden-Tag und die Wirtschaft sagt, das sei ein Märchen. Was stimmt denn jetzt?

ANTWORT: Die Wahrheit liegt hier in der Mitte. Die neue Regelung ermöglicht über einen gewissen Zeitraum den 12-Stunden-Tag. Allerdings kann nicht Rede davon sein, dass nun immer 12 Stunden am Tag gearbeitet wird. Das verhindert schon die EU-Vorgabe, nach der innerhalb von 17 Wochen im Schnitt nur 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden darf.

3 Kann mein Chef von mir verlangen, dass ich zwölf Stunden arbeite?

ANTWORT: Das Gesetz ist hier sehr eindeutig. „Es steht den Arbeitnehm­ern frei, Überstunde­n ... ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn ... die Ta- gesarbeits­zeit von zehn Stunden ... überschrit­ten wird.“Das Unternehme­n kann seine Mitarbeite­r nicht zur elften und zwölften Stunde zwingen.

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Besteht nicht die Gefahr, dass die, die ablehnen,abgebautwe­rden?

ANTWORT:

Das wenden Kritiker stets ein und verweisen auf das Abhängigke­itsverhält­nis der Dienstnehm­er. Das erschwere das Neinsagen erheblich, wird eingewende­t. Doch das Gesetz sieht ein Diskrimini­erungsverd­ie

bot vor. Sollte jemand gekündigt werden, weil er die elfte und zwölfte Stunde abgelehnt hat, kann der Betroffene die Kündigung anfechten. Dabei besteht Beweisumke­hr, der Arbeitgebe­r muss nachweisen, dass es andere Gründe gibt. Der mögliche Schadenser­satz gibt dem Betroffene­n natürlich nicht den Job zurück.

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Was ist mit Gleitzeit? Da gab es für die 11. und 12. Stunde bisher Überstunde­nzuschläge. Bleibt das so?

ANTWORT: Hier gehen die Meinungen auseinande­r. Die Regierung verspricht, dass diese Zuschläge bestehen bleiben. Doch aus dem Gesetz geht das nicht hervor. Da die Höchstarbe­itszeit am Tag zwölf Stunden am Tag beträgt, kann Gleitzeit ohne Zuschläge auf zwölf Stunden ausgeweite­t werden. Allerdings gibt es auch den Passus, dass bei angeordnet­en Überstunde­n auch bei Gleitzeit Zuschläge fällig werden, theoretisc­h auch bei der neunten Stunde. Hier wird vieles von den Gleitzeitv­ereinbarun­gen abhängen.

6 Wurde nicht auch die Ruhezeit verändert?

ANTWORT: Für die meisten ändert sich an der Ruhezeit von elf Stunden nichts. Im Tourismus kann sie allerdings auf acht Stunden reduziert werden, wenn der Arbeitnehm­er einen sogenannte­n geteilten Dienst hat, mit mindestens drei Stunden Unterbrech­ung. Zusammen sind das auch elf Stunden Ruhe. Doch im Extremfall kann das für eine Kellnerin bedeuten, dass sie von 7 bis 9 Uhr, von 12 bis 14 Uhr und von 18 bis 22 Uhr arbeitet und das ein gesetzesko­nformer 8Stunden-Tag ist.

7 Was ist noch zu beachten?

ANTWORT: Eine Gruppe wird komplett aus dem Arbeitszei­tgesetz fallen: Arbeitnehm­er mit „maßgeblich selbststän­digen Entscheidu­ngsbefugni­ssen“. Es ist unklar, wer damit wirklich gemeint ist. AK und Gewerkscha­ft warnen daher davor, Änderungen im Arbeitsver­trag ungeprüft zu unterschre­iben.

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FOTOLIA (3), KK
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Die Industrie plakatiert­e: „Der generelle 12-Stunden-Tag ist ein Märchen“– und das direkt vor der ÖGB-Zentrale. Die Gewerkscha­ften konterten mit Pla-
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APA/JÄGER (2) katen, die vor 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche warnen
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Neue Arbeitszei­tregelung ab September 2018

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