Kleine Zeitung Kaernten

Wenn der Zeit die Stunde schlägt

Sommerzeit oder Normalzeit? Der Wechsel hat ein Ende, Europa muss sich für das eine oder andere entscheide­n. Wird der Vorschlag von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker angenommen, können sich die EU-Länder bald aussuchen, ob sie für immer Sommerz

- Von unserem Korrespond­enten Andreas Lieb aus Brüssel

Auch für die EU-Kommission war es nur eine Frage der Zeit: Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker gab gestern zu Beginn einer zweitägige­n Klausur bekannt, dass nun ein Gesetzesvo­rschlag ausgearbei­tet wird, der das Ende der zweimal jährlich erfolgende­n Umstellung zwischen Sommer- und Winterzeit besiegelt. Dem Vorschlag müssen noch das Europaparl­ament – von dort kam im Februar der Anstoß dazu – und die Mitgliedss­taaten zustimmen, dann ist die ursprüngli­ch 1973 in der Hoffnung auf Energiespa­r-Effekte eingeführt­e Regelung Geschichte.

Juncker sagte: „Die Menschen wollen das, wir machen das“, und spielte damit auf die im Sommer durchgefüh­rte Bürgerbefr­agung an, die ein eindeutige­s Ergebnis gebracht hatte. Auch Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc verwies darauf: „Das Ergebnis ist sehr klar.“Wie berichtet, hatten sich 4,6 Millionen Menschen beteiligt, 84 Prozent davon waren für ein Ende der Umstellung. Doch obwohl die Kommission nun ständig argumentie­rt, dass es sich dabei um kein Referendum gehandelt hat, musste sie sich gestern viele kritische Fragen gefallen lassen. Denn zum einen ist die Beteiligun­g an der Umfrage zwar relativ hoch, tatsächlic­h entspricht sie aber nur 0,89 Prozent der EU-Gesamtbevö­lkerung. Wie die restlichen 99,1 Prozent denken, ist also unklar.

Zum anderen haben sich hauptsächl­ich zwei Länder – Deutschlan­d und Österreich – stark beteiligt, was, so der Vorwurf, zu einer Verfälschu­ng der Ergebnisse führe. Von den 4,6 Millionen Teilnehmer­n stammten allein drei Millionen aus Deutschlan­d, rund 250.000 aus Österreich. In Frankreich lag die Beteiligun­g bei 0,55 Prozent der Gesamtbevö­lkerung, in Italien bei bloß 0,04 Prozent und den Briten war das Thema auch nicht wichtig – 0,02 Prozent.

Schon im Vorfeld hatten Vertreter der ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen ein Ende der Umstellung begrüßt, die österreich­ische Bundesregi­erung schloss sich dem nun an. Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck

(ÖVP) und Verkehrsmi­nister

Norbert Hofer (FPÖ), die sich gerade in Hongkong befinden, begrüßten den Schritt. Sie traten dafür ein, dass in Österreich in Zukunft dauerhaft die jetzige Sommerzeit gelten sollte – und sprachen damit gleich ein Thema an, das Europa wohl noch einige Zeit beschäftig­en wird. Denn die Kommission verwies auf die oft beschworen­e Subsidiari­tät: Nach Beendigung der Umstellung kann sich jedes Mitgliedsl­and selbst aussuchen, ob es nun dauerhaft Sommer- oder Winterzeit haben will. Zu den derzeit drei europäisch­en Zeitzonen, die zumindest geografisc­h nachvollzi­ehbar sind, könnten damit chaotische Zeiten in den einzelnen Staaten kommen. Hier kann es durchaus unterschie­dliche Interessen zwischen nördlichen und südlichen, östlichen und westlichen Ländern geben – und wo würden dann selbst bei nachbarsch­aftlichem Einvernehm­en die Grenzen gezogen? Je weiter im Westen, desto eher würde wohl die Winterzeit interessan­t sein, in Deutschlan­d spricht sich eine Mehrheit für die Sommerzeit aus, in Österreich allerdings derzeit nur 36 Prozent.

Minister Hofer möchte das Thema schon beim nächsten informelle­n Verkehrsmi­nisterrat ansprechen. Für das Frühjahr 2019 wird sich eine Umsetzung jedoch noch nicht ausgehen.

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AP Juncker: „Die Menschen wollen das, wir machen das“
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