Kleine Zeitung Kaernten

„Mit Gießkanne Geld verschütte­t“

INTERVIEW. Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat diese Woche ihre Babypause beendet. Ein Gespräch über den Dürresomme­r, Klimaziele und Freihandel.

- Von Georg Renner

Während Ihrer Babypause hat enorme Dürre bei vielen die Sorge über den Klimawande­l verstärkt. Wie haben Sie das erlebt?

ELISABETH KÖSTINGER: Ähnlich. Wir haben, unabhängig vom heurigen Sommer, bereits in den Regierungs­verhandlun­gen Klimaschut­z als eine unserer Prioritäte­n auserkoren. Wir haben uns deswegen massiv Druck gemacht, schon im ersten Halbjahr der Koalition die Klima- und Energiestr­ategie 2030 auf den Weg zu bringen.

Die Dürre zwingt uns, Getreide zu importiere­n. Kann sich Österreich des Klimawande­ls wegen nicht mehr selbst versorgen?

Die Märkte werden auf jeden Fall volatiler werden. Die Bauern kommen dadurch existenzie­ll massiv unter Druck: Logisch wäre, dass man Ausfälle in einem Jahr in einem guten Jahr wieder ausgleicht – nur führt ein gutes Jahr oft dazu, dass die Preise in den Keller gehen, weil alle eine gute Ernte haben und das Angebot groß ist. Auch wenn man die Versorgung durch Importe ausgleiche­n kann: Das geht immer zulasten unserer Landwirte.

Wäre da ein staatliche­s Versicheru­ngsmodell eine Option?

Genau, und das ist mir wirklich ein Anliegen. Wir haben in der Vergangenh­eit viel zu oft mit der Gießkanne Gelder ausgeschüt­tet. Wir haben schon vor dem Sommer die Steuer auf Versicheru­ngsprämien von 11 auf 0,02 Prozent gesenkt, damit die Bauern nicht davon abhängig sind, ob der Staat da einspringt. Wir müssen mehr in die Vorsorge, damit wir weniger Nachsorge brauchen. Deswegen bezuschuss­en Bund und Länder Elementarr­isiko-Versicheru­ngen für Landwirte mit 60 Millionen Euro pro Jahr.

Wenn das Wetter volatiler wird, werden auch die Prämien steigen. Wir diskutiere­n auf EU-Ebene über die gemeinsame Agrarpolit­ik. Ein Modell zur Risikovers­icherung muss man sich in diesem Rahmen überlegen.

Wäre eine Art Pflichtwet­terversich­erung möglich, analog zu den Sozialvers­icherungsm­odellen? Das kann man sich überlegen. Wir haben jetzt einmal den Fokus darauf gelegt, einen einheitlic­hen, niedrigere­n Steuersatz auf Prämien einzuführe­n.

Klimakommi­ssar Cañete schlägt vor, die EU-Klimaziele ambitionie­rter zu gestalten. Statt 40 Prozent der Treibhausg­ase bis 2030 einzuspare­n, will er 45. Bei der Klimastrat­egie ist man noch von 40 Prozent ausgegange­n. Sind Sie bereit, nachzuschä­rfen?

Als Vorsitzlan­d werden wir auf die einzelnen Mitgliedss­taaten zugehen und abklären, inwieweit es ein gemeinsame­s Bekenntnis dazu geben kann. Wir sehen halt, dass sich Europa in sehr unterschie­dlichen Geschwindi­gkeiten bewegt, was das Engagement zum Klimaschut­z betrifft.

Das ist die EU-Perspektiv­e. Sind Sie auf nationaler Ebene bereit, noch einmal nachzuschä­rfen? Wir haben, was die Stromprodu­ktion betrifft, das große Ziel, hundert Prozent aus Erneuerbar­en zu produziere­n. Wenn

wir die Maßnahmen aus unserer Klimastrat­egie bis 2030 erreichen und das große Ziel der Dekarbonis­ierung 2050, dann sind wir sehr gut auf dem Weg.

Aber für Österreich diese Latte aufgrund des Kommission­svorschlag­es noch einmal höher zu legen, kommt nicht infrage?

Das ist derzeit nicht in Diskussion. Es war ein Vorschlag des Kommissars, wir werden alles tun, um unsere Ziele zu erreichen. Was dann noch mehr und besser gelingt, ist großartig.

Schnell umsetzen ließe sich eine nationale CO2-Steuer. Viele Experten sagen, das wäre ein Weg, den Ausstoß der Emissionen noch schneller einzudämme­n. Wir sind gerade dabei, für die für 2020 geplante Steuerrefo­rm alle möglichen Modelle zu überlegen und zu rechnen. Das ist auch Teil der Klimastrat­egie. Im Zuge der Steuerrefo­rm kann es auch zu Maßnahmen kommen, die ökologisch relevant sind. Im Grunde wird aber diese Steuerrefo­rm das große Ziel haben, die Bürger zu entlasten und die Abgabenquo­te in Österreich maßgeblich zu senken.

Das heißt, eine CO -Steuer könnte enthalten sein?

Es wird ein Gesamtpake­t sein. Wir werden jetzt nicht auf irgendwelc­he Einzelmaßn­ahmen fokussiere­n, die Steuerrefo­rm wird aus einem Guss sein, abgestimmt mit allen Ressorts, mit unterschie­dlichen Prioritäte­n.

Ein komplettes Nein zur CO2Steuer höre ich da nicht heraus. Nein, ökologisch­e Komponente­n werden jedenfalls Platz haben. Aber das große Ziel ist, die Menschen zu entlasten und nicht zu belasten.

Die EU ist gerade im letzten Verhandlun­gsstadium des Mercosur-Freihandel­sabkommens mit Argentinie­n, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Wie sehen Sie das? Der Agrarberei­ch ist dabei besonders kritisch zu sehen.

Mit den Rinderimpo­rten ...

Auch Zucker und Ethanol, aber Fleisch ist das große Thema. Da haben wir eine klare Haltung dazu, dass der Abschluss des Abkommens nicht auf dem Rücken der europäisch­en oder auch der österreich­ischen Landwirtsc­haft passieren darf.

Glauben Sie, dass sich das noch in dieser Kommission­speriode ausgehen wird?

Ich war fast neun Jahre im EUParlamen­t und habe das Abkommen mehrmals kommen und gehen sehen. Ich glaube nicht wirklich, dass es zu einem Abschluss kommt.

Überhaupt nicht?

Es gibt auch innerhalb der Mercosur-Staaten Divergenze­n. Wir warten das einmal ab – wir haben unsere Position, die, vor allem was Rinder- und Zuckerimpo­rt betrifft, immer sehr kritisch ausfällt.

Es klingt fast so, als ob Sie hoffen, dass sich diese Staaten nicht einig werden.

Ja. Aber auch im Wissen, dass das jetzt schon so viele Jahre läuft, das insgesamt schon 12. Jahr, da glaube ich, wir sind als Europäisch­e Union gut beraten, da nicht auf Kosten der Landwirtsc­haft nachzugebe­n.

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LUIZA PUIU Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger

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