Kleine Zeitung Kaernten

Sehr leichtfüßi­g

Der österreich­ische EU-Ratsvorsit­z tänzelt übers diplomatis­che Parkett – doch mit der bisherigen Positionie­rung konnte man das Verspreche­n, Brücken zu bauen, noch nicht einlösen.

- Nina Koren nina.koren@kleinezeit­ung.at

Gleich zwei EU-Ministertr­effen sind nun in Wien über die Bühne gegangen – und sie haben vor allem zwei Dinge sichtbar gemacht: Die Divergenze­n innerhalb der Mitglieder im Umgang mit der Migrations­krise erreichen einen neuen Höhepunkt. Und die österreich­ische Außenminis­terin ist auf dem Tanzparket­t nicht nur des spontanen Hofknickse­s, sondern auch des Sambas und Bossa nova mächtig.

Gar so viele Rosen wurden dem österreich­ischen Vorsitz danach nicht gestreut. Die Kritik des für seine klaren Ansagen bekannten luxemburgi­schen Außenminis­ters Jean Asselborn, Österreich habe „kein gutes Beispiel“abgegeben, weil es nicht unter jenen Ländern ist, die Italien Flüchtling­e abnehmen, ist überzogen. Rom nicht alleine im Regen stehen zu lassen, wäre zwar angesichts der Notlage in Italien eine Frage der Fairness der EU-Partner. Flüchtling­e aufzunehme­n, und hier hat Österreich auch schon viel beigetrage­n, ist aber an sich kein Kriterium zur Beurteilun­g einer Präsidents­chaft.

Durchaus in der Verantwort­ung der Vorsitzend­en liegt es aber, als möglichst neutraler Mittler Lösungen zwischen den EU-Partnern in die Wege zu leiten – hier hat Asselborns Forderung seine Berechtigu­ng. Die EU sei an einem „sehr schwierige­n Punkt“angelangt; die Ratspräsid­entschaft müsse in Sachen Solidaritä­t „alles geben, was man hat“. Das mag angesichts der zunehmende­n Zersplitte­rung in nationale Einzelinte­ressen derzeit eine schwierige Aufgabe sein; und selbst am Westbalkan, wo Wien traditione­ll auf Expertise verweisen kann, ist mit dem erneuten Ringen um Grenzversc­hiebungen wenig Raum für rasche Erfolge.

Doch dass sich Österreich in der Migrations­politik im Nahebereic­h der Unsolidari­schen im Osten Europas aufstellte, hat seine Position als Vermittler sicher nicht gestärkt. Beim Streit ums EU-Budget machen Österreich­s nationale Positionen mehr Lärm als die Lösungsver­suche. Im Ukraine-Konflikt wurde die Glaubwürdi­gkeit Österreich­s als Vermittler, die sich Sebastian Kurz im Vorjahr als OSZE-Vorsitzend­er auf beiden Seiten erarbeitet hatte, beim Hochzeitst­anz in Gamlitz verspielt. Und dass der US-Botschafte­r danach erklärte, ein Brückenbau­er müsse schon beide Seiten miteinande­r verbinden, braucht auch niemanden zu verwundern. Wie wichtig es aber wäre, eine Friedenslö­sung für den Krieg inmitten Europas zu finden, zeigte der gestrige Anschlag auf den Separatist­enführer in Donezk. erauschend war er nicht, der Start der österreich­ischen EU-Präsidents­chaft. Positiv zu erwähnen ist die leichte Entspannun­g der Beziehunge­n zur Türkei, die sich Kneissl auf die Fahnen heften darf, und das Bemühen um Lösungen für Syrien. Auch muss man der Regierung zugestehen, noch vier Monate Ratsvorsit­z vor sich zu haben. Bis aber in der Nachbetrac­htung erinnerung­swürdige inhaltlich­e Durchbrüch­e die Tanzbilder in den Schatten stellen werden, müssen sich die österreich­ischen Vorsitzend­en auf jeden Fall noch gewaltig ins Zeug legen.

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