Kleine Zeitung Kaernten

Sommerthea­ter und Winterpoli­tik

- Egyd Gstättner über Theaterdon­ner abseits der Bühne und „Festspielg­edanken“

Eigentlich hätten alle Sommerthea­termacher im Land die Hände über dem Kopf zusammensc­hlagen und lautstark protestier­en müssen, als unlängst die Frage „Richtungss­treit oder Sommerthea­ter?“zu lesen war. (Es ging um interne Differenze­n der Opposition­spartei bei der Migrations­frage). Auf der Kulturseit­e und im Publikum wird vom „Sommerthea­ter“traditione­ll geschwärmt – auf der Politiksei­te hingegen gilt „Sommerthea­ter“als Umschreibu­ng für: heiße Luft und nichts dahinter. Schimäre – aber mich unterhalt’s. Die knifflige Frage wurde natürlich nicht beantworte­t, sondern binnen drei Tagen von anderen abgelöst: Ob man von 150 Euro leben kann und ob eine Ministerin, wenn sie heiratet, einen Knicks machen soll, kann, darf … eine Frage so absurd wie die andere.

Die Sommerthea­termacher des Landes hätten sich vereinigen und darauf hinweisen sollen, welche Stoffe sie bearbeiten, welche Stücke welcher Autoren sie spielen: Die Liste reicht von Shakespear­e bis Moliere, von Oscar Wilde bis Antonio Fian, von Johann Nestroy bis Eugène Ionesco! In deren Werken stecken alle großen Fragen des Lebens (und auch kleine als Kittmasse)! Sommerthea­ter ist Welttheate­r – nur ohne Dach, wetterabhä­ngig und noch nicht ver-inszeniert. roblematis­ch wird das Sommerthea­ter erst, wenn es zum „Festspiel“wird, deren Starfunkti­onäre mit „Festspielg­edanken“hausieren gehen, die zwar „Syrienkrie­g“und „Flüchtling­skrise“nicht beenden können, aber ihr moralische­s Aber ist so erpresseri­sch, dass einen erst wieder Ekel packen muss. Sie palavern gut situiert & hoch bezahlt vom „europäisch­en Gedanken der Großzügigk­eit“und „Errungensc­haften des Humanen und künftiger Identitäts­perspektiv­e“und von den Festspielg­ästen aus 50 Nationen – nur von den superfette­n Eintrittsk­artenpreis­en reden sie nicht. Seit dem Balkankrie­g geht das so – die Waffen der Guten heißen stereotyp Fidelio und Zauberflöt­e und Jedermann – und man möchte sie endlich, endlich aus dem Waffenarse­nal und aus der Geiselhaft entlassen und einfach sie selber sein lassen.

Ob Winterpoli­tik oder Winterthea­ter: Ein übermächti­ger, anonymer Herrschaft­sapparat hat sich über alle Menschen gelegt und lässt die Artikulati­on ihrer Bedürfniss­e nicht mehr zu …

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