Kulturschatz in Flammen
Nationalmuseum von Brasilien ist zerstört, Millionen Exponate sind vernichtet. Viele Kritiker sehen das Feuer als weiteres Versagen der Politik.
Auf Luftaufnahmen war zu sehen, wie sich das Feuer binnen Stunden durch Hunderte Ausstellungsräume fraß und alles auf seinem Weg vernichtete: Ein Großbrand hat am Sonntag das Nationalmuseum in Rio de Janeiro verwüstet. Erst nach fünf Stunden brachte die Feuerwehr den Brand größtenteils unter Kontrolle. Verletzte gab es laut der Museumsverwaltung keine.
Das Feuer brach gegen 19.30 Uhr aus, als das Museum bereits geschlossen war. Die Brandursache ist noch unklar. „Heute ist ein tragischer Tag für Brasilien“, erklärte der konser- vative Staatschef Michel Temer. „200 Jahre Arbeit und Forschung und Wissen sind verloren.“Der Verlust der Museumssammlung sei „unermesslich“.
Das Nationalmuseum in Rio de Janeiro ist eines der ältesten Museen in Brasilien. Der König von Portugal und Brasilien, João VI., gründete es 1818. Der königlichen portugiesischen Familie diente es als Residenz. Es war das größte Natur- und Völkerkundemuseum Lateinamerikas und zählte mehr als 20 Millionen Exponate, von denen nun der größte Teil zerstört oder zumindest beschädigt sein dürfte.
gehörte das älteste in Brasilien gefundene menschliche Fossil mit Namen „Luzia“. Weitere bekannte Exponate waren das Skelett eines im Bundesstaat Minas Gerais entdeckten Dinosauriers und der größte in Brasilien gefundene Meteorit mit einem Gewicht von 5,3 Tonnen.
Die anderen Ausstellungsstücke decken einen Zeitraum von fast vier Jahrhunderten ab. Der Vizedirektor des Museums, Luiz Fernando Dias Duarte, fühlte sich nach eigenen Angaben „zutiefst entmutigt“, aber zugleich „enorm wütend“.
Den brasilianischen Behörden warf er vor, das Museum sträflich vernachlässigt zu haben. Eine Regierung nach der anderen habe sich geweigert, die für den Erhalt des Gebäudes dringend erforderlichen Mittel bereitzustellen. Senator Lindbergh Faris von der Arbeiterpartei (PT) beklagte die im Zuge der Kürzungspolitik verfügte Streichung von Fördermitteln für das Museum. Die ehemalige Umweltministerin Marina Silva, die bei der Präsidentschaftswahl im Oktober antritt, nannte den Großbrand eine „Katastrophe“. Von der Museumskollektion, die zur „nationalen Identität“beitrug, sei nur noch „Asche“übrig.
Sérgio Sá Leitão räumte ein, dass die „Tragödie hätte vermieden werden können“. Die Probleme hätten sich im Lauf der Zeit angehäuft. Kritiker sehen den Großbrand als weiteres Versagen der Politik in dem von wirtschaftlichen und politischen Krisen geplagten Land. Bei den Brasilianern mischte sich Trauer über den Verlust der Kulturgüter mit viel Zorn über das schlechte Management. Lehrkräfte und Studierende der Bundesuniversität von Rio riefen gestern zum Protest vor dem zerstörten Gebäude auf.