„Ich wollte mir das nicht gefallen lassen“
Weil sie sich gegen obszöne Belästigungen wehrte, stand die ehemalige GrünenAbgeordnete Sigrid Maurer vor Gericht.
Die Anklage lautete auf üble Nachrede und Kreditschädigung, die vorgeworfene Straftat passierte im Internet: Sigrid Maurer (33), ehemalige Abgeordnete der Grünen, hatte am 30. Mai über Facebook und Twitter veröffentlicht, dass sie tags zuvor vom Besitzer eines Craft-BeerGeschäftes in ihrer Nachbarschaft über den Nachrichtendienst Messenger obszöne Nachrichten bekommen habe. Einen Screenshot stellte sie als Beweis dazu.
Der Lokalbesitzer distanzierte sich rasch von der Nachricht – „ich hab’s nicht geschrieben“, betonte er auch gestern vor Gericht – und er klagte Maurer. 20.000 Euro will er für die erlittene Geschäftsschädigung haben. „Wenn Sie 20.000 Euro angeben und das nicht stimmt, kommt man auch ganz schnell in die Straffälligkeit“, meinte dazu Richter Stefan Apostol.
Doch zuvor musste die Angeklagte aussagen. „Ich wollte mir das nicht gefallen lassen“, er- klärte sie. „Ich hatte keine andere Möglichkeit, mich zu wehren.“Auf die Frage des Richters, ob sie das bereue, meinte Maurer: „Nein, wir leben im Jahr 2018.“Ihre Mandantin sei eine engagierte Feministin, die heikle Themen anspreche, ergänzte Anwältin Maria Windhager. In dieser Eigenschaft habe sie diesen mutigen Schritt gewagt und die Nachricht veröffentlicht. Der Prozess sei ein „einzigartiger Fall von Täter-Opfer-Umkehr“. Denn die Ex-Abgeordnete sei zu hundert Prozent davon überzeugt, dass der Privatankläger der Verfasser der obszönen Nachrichten sei. Sowohl die Werbepostings auf seiner Facebook-Seite und die obszönen Nachrichten als auch das daraufhin verfasste Posting, worin sich der 40-Jährige davon distanzierte, wiesen die gleichen Interpunktionsfehler auf.
Der Lokalbesitzer gab sich ahnungslos. „Interpunktion? Was ist das?“, fragte er den Richter. Und er erklärte, dass jeder zu seinem auf einem Pult stehenden Computer Zugang gehabt habe. Auch ein „älterer Herr mit schütterem Haar“, den er vor Gericht das erste Mal erwähnte, habe an besagtem Tag bedient. Richter Apostol vertagte schließlich auf 9. Oktober.
Weitere Zeugen sollen geladen werden. Zudem muss der Privatankläger beweisen, dass er zum Zeitpunkt, als die obszönen Nachrichten verschickt wurden, gerade telefoniert hat. Und auch seine Buchhaltung muss er dann vorlegen.