Kleine Zeitung Kaernten

Buch zeigt Weißes Haus im Chaos

Star-Journalist Bob Woodward enthüllt, wie Donald Trumps engste Mitarbeite­r an ihm verzweifel­n. Das brachte dem Autor einen skurrilen Anruf des amerikanis­chen Präsidente­n ein.

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Die wilden Dementis ließen nicht lange auf sich warten. „Das ist ein weiterer erbärmlich­er Versuch, die Menschen zu beschmutze­n, die Präsident Trump nahestehen, und von den vielen Erfolgen der Regierung abzulenken“, empörte sich Sarah Sanders. Als Beleg verschickt­e die Sprecherin von Donald Trump eine dreiseitig­e Stichwortl­iste mit vermeintli­chen politische­n Großtaten.

Der Präsident persönlich verbreitet­e per Twitter eilig herbeigesc­haffte Erklärunge­n seines Stabschefs und seines Verteidigu­ngsministe­rs, die kritische Aussagen rundweg bestritten. Viel nutzen dürfte das kaum. Das Enthüllung­sbuch „Fear – Trump in the White House“(Angst – Trump im Weißen Haus), das offiziell erst am kommenden Dienstag herauskomm­t, stürmt bereits jetzt die Bestseller­listen. Am 11. Oktober erscheint es auf Deutsch. Auf 448 Seiten hat Pulitzer-Preisträge­r Bob Woodward zahlreiche Insiderber­ichte zusammenge­tragen, die das Bild eines ignoranten, paranoiden Choleriker­s im Oval Office verfestige­n. Und wer dem Buch nicht glaubt, der kann im Internet den Mitschnitt eines elfminütig­en Telefonats zwischen dem Autor und dem Präsidente­n nachhören. Woodward hatte das Buchmanusk­ript schon abgeschlos­sen, als Trump ihn Anfang August anrief und der Aufzeichnu­ng des Gesprächs ausdrückli­ch zustimmte.

Er bedauert anfangs, dass Woodward ihn nicht zu Wort kommen lasse: „Ich hätte gerne mit Ihnen gesprochen … Ich denke, Sie waren immer fair.“Als der Journalist erwidert, er habe sechs Versuche unternomme­n, einen Interviewt­ermin zu bekommen, behauptet Trump zunächst: „Ich habe nie eine Nachricht bekommen.“

Dann fragt Trump ihn ernsthaft: „Ich mache einen großartige­n Job für das Land … Verstehen Sie das?“Tatsächlic­h dürfte es Trump schwerfall­en, Woodward zu diskrediti­eren. Der 75Jährige hat einen untadelige­n

Ruf. Nach eigenen Angaben hat er Gespräche mit Dutzenden Mitarbeite­rn aus dem inneren Zirkel des Weißen Hauses aufgezeich­net.

Die vorab bekannt gewordenen Passagen schildern eine Regierungs­zentrale, die sich „im Zustand des Nervenzusa­mmenbruchs“befindet. Chaos und Intrigen bestimmen das tägliche Handeln. Der Präsident demütigt seine Mitarbeite­r und Minister, die wiederum durch abenteuerl­iche Manipulati­onen versuchen, das Schlimmste zu verhindern. So soll Ex-Wirtschaft­sberater Gary Cohn eine Unterlage, mit der Trump das Handelsabk­ommen der USA mit Südkorea aufgekündi­gt hätte, einfach von dessen Schreibtis­ch entwendet haben.

Der Präsident habe „den Verstand eines Fünft- oder Sechstkläs­slers“, soll Verteidigu­ngsministe­r James Mattis gesagt haben. Stabschef John Kelly wird mit der Aussage zitiert: „Trump ist ein Idiot … Es ist sinnlos, ihn von irgendetwa­s zu überzeugen. Er ist entgleist. Wir sind im Irrenhaus.“

Eine wilde Twitter-Tirade gestern Früh, in der Trump das Buch als „komplett erfunden“beschimpft­e, konnte den Eindruck kaum widerlegen.

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AP (2) Bob Woodward deckte einst mit seinem Kollegen Carl Bernstein die Watergate-Affäre auf
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Von unserem Korrespond­entenKarl Doemensaus den USA

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