Heiße Eisen in Europas Finanzhauptstadt
Europas Finanzminister tagen seit gestern in Wien. Neben Fragen zur Bankenunion geht es ab heute vor allem um die Digitalsteuer. Österreichs Finanzminister ist optimistisch.
Wien ist derzeit die „Finanzhauptstadt Europas“– ganz unrecht hat Österreichs Finanzminister Hartwig Löger mit diesem Befund nicht. In der Bundeshauptstadt geht derzeit das zweitägige informelle Treffen der EU-Finanzminister über die Bühne. Schon beim gestrigen Auftakt zeigte sich: An „heißen Eisen“mangelt es derzeit wahrlich nicht. Wie lässt sich die Währungsunion vertiefen? Ist eine gemeinsame europäische Einlagensicherung durchzubringen? Wie geht es mit den Plänen einer Digitalsteuer weiter? Das sind nur einige der heiklen Fragen, mit denen sich die FinanzEurogruppen-Chef minister seit gestern auseinandersetzen. Ein zentraler Punkt der gestrigen Gespräche war die Abwicklung maroder Banken und die Frage, ob der Euro-Rettungsschirm ESM als Letztabsicherung für den Bankenabwicklungsfonds genutzt werden kann. Derzeit ist geplant, dass der neue Mechanismus ab 1. Jänner 2024 in Kraft ist, die Eurogruppe bemüht sich aber um eine frühere Aktivierung.
Bis Dezember würden aber auch noch andere Fragen am Weg zu einer Vertiefung der Währungsunion besprochen, dem EU-Gipfel im Dezember sollen entscheidungsfähige Vorschläge vorgelegt werden, so Mario Centeno. Damit die Bankenunion funktionieren könne, sei als dritte Säule auch die gemeinsame Einlagensicherung unerlässlich, ergänzte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. „Darum bestehen wir darauf, zu liefern.“Das Thema birgt viel Zündstoff, denn einige Länder, darunter Österreich und Deutschland, haben sich bisher stets ablehnend zur gemeinsamen Einlagensicherung geäußert. Nur am Rande ein Thema war die Haushaltsgebarung von Italien, die zuletzt wiederholt Anlass zur Sorge gab. Italiens Finanzminister Giovanni Tria habe öffentlich versichert, dass
Italien „die EU-Regeln einhalten wird“, sagte Centeno, als er auf einer Pressekonferenz darauf angesprochen wurde. „Wir sind zuversichtlich, dass er genau das tun wird, wozu er sich öffentlich bekannt hat.“
Über die Pläne für eine europäische Digitalsteuer wird erst heute diskutiert. Löger ist zuversichtlich, dass es auf EUEbene noch heuer eine Einigung gibt, wie Internet-Giganten höher besteuert werden sollen. Der Vorschlag der EU-Kommission liege auf dem Tisch, auch bei der OECD gebe es Überlegungen dazu. Aus einer „Falschmeldung“(dass nämlich der deutsche Finanzminister Olaf Scholz gegen eine Digitalsteuer wäre, Anm.) sei nun große Energie bei Deutschland entstanden. Daher könne er heute vielleicht sogar eine „überraschende Aussage“zur Digitalsteuer verkünden, deutete Löger eine Einigung an. Die Liste der Zweifler ist aber noch lang. Das Thema kann nur einstimmig entschieden werden und im Vorfeld waren einige Mitgliedsländer sehr zurückhaltend. Finnlands Finanzminister Petteri Orpo sagte etwa: „Wir sollten sehr vorsichtig sein. Ich plädiere für eine globale Lösung.“Kritisch sind seit Längerem auch Luxemburg, Irland und Malta.