Heftiger Rechtsruck in Schweden
Schweden hat gewählt: Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten sind die zweitstärkste Kraft. Sozialdemokraten fahren historisch schlechtestes Ergebnis ein.
Noch nie lagen die Nerven vor einer Parlamentswahl in Schweden so blank wie dieses Mal. Lange Gesichter bei der Wahlwache der Sozialdemokraten in der Stockholmer Kunsthalle Färgfabriken nach der Wahllokaluntersuchung.
„Wir haben eine schlechte Wahl gemacht“, sagte Fraktionsvorsitzender Anders Ygeman knapp. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Stefan Löfven, die bislang mit den Grünen in der Minderheit regierten, erzielten 28,1 Prozent (–2,8), als ein Großteil der Stimmen ausgezählt war. Das ist das historisch schlechteste Ergebnis seit Einführung des proportionalen Wahlsystems 1911. Bis 1998 war die Arbeiterpartei, die Schweden prägte wie keine andere, noch von Werten über 40 Stimmenprozent verwöhnt. Löfvens abtrünnige Wähler sind laut öffentlich-rechtlichem Fernsehen SVT vor allem zur rechtspopulistischen SD, aber auch zur Linkspartei abgewandert.
aber waren die Verluste nicht größer und zudem verdrängten die einwanderungskritischen Schwedendemokraten (SD) die Arbeiterpartei nicht auch noch vom ersten Platz, wie ein Teil der stark divergierenden Umfragen bis zuletzt voraussahen, was ganz Schweden ins Zittern brachte.
Statt rund 25 Prozent erhielt die SD einen Stimmenanteil von 17,7 Prozent (+4,7) und verbleibt damit nach den Konservativen drittgrößte Kraft.
Zum dritten Mal seit ihrem Einzug ins Parlament 2010 ist die von Neonazis 1988 mitbegründete und inzwischen gemäßigt einwanderungskritische SD damit aber das Zünglein an der Waage zwischen dem linken Drei-Parteien-Lager und der bürgerlichen Vier-Parteien-Allianz.
„Wir sind professioneller geworden und die gesellschaftlichen Probleme, die wir ansprechen, sind größer geworden“, erklärte SD-Fraktionschef Mattias Karlsson den Erfolg. „Ich hoffe, dass die Bürgerlichen nun endlich aus ihrer Sandkiste kommen und mit uns reden“, sagte er. So viele Wähler könne man bei der Regierungsbildung nicht einfach ignorieren.
Das linke Drei-Parteien-Lager besteht neben den Sozialdemokraten aus den 4,4 Prozent (–2,4) erzielenden Grünen und der Linkspartei, die ihren Stimmenanteil deutlich auf 8,1 Prozent (+2,3) steigern konnte. Zusammen stellen die drei Linksparteien 40,6 Prozent. Die bürImmerhin gerliche Vier-Parteien-Allianz von Regierungschefanwärter Ulf Kristersson lag kurz dahinter mit 40,2 Prozent. Auch Kristerssons liberalkonservative Moderaterna fährt mit 19,6 Prozent (–3,5) ein historisch schlechtes Wahlergebnis ein.
das sozialliberale Zentrum, steigert sich auf 8,7 Prozent (+2,4), die sozialkonservativen Christdemokraten steigerten sich auf 6,4 Prozent (+1,8) und die Liberalen
kamen auf kaum veränderte 5,5 Prozent.
Innerhalb beider Blöcke gab es damit eine Verschiebung nach links. Um Wähler von der rechtspopulistischen SD zurückzugewinnen, hatten sowohl Sozialdemokraten als auch Moderaterna teils ins gleiche einwanderungskritische Horn geblasen wie die SD.
Das hat Teile der Stammwählerschaft der beiden großen Parteien offenbar irritiert. Auch die Grünen büßten ein, weil sie die Schließung der Grenzen Ende 2015 mitgetragen haben, sagen Analysten. Völlig unklar bleibt, wie die etablierten Parteien nun mit der deutlich stärker gewordenen SD und ihrer erneuerten Königsmacherrolle zwischen den Blöcken umgehen werden. Möglich wäre, dass die bürgerliche Moderaterna eine Minderheitsregierung anstrebt, die dann neben den drei anderen bürgerlichen Parteien auch von der SD gestützt wird. Das wäre eine politische Zäsur ohnegleichen.