„Den Kopf frei haben“
Deutsche Feministinnen fordern jetzt ein Kopftuchverbot bis zum 18. Geburtstag. Ob sie alle intolerant sind?
In Kindergärten und Volksschulen gilt es ja künftig auch in Österreich. Mädchen dürfen kein Kopftuch mehr tragen, Mützen im Winter wohl ausgenommen. Nein, eine Massenerscheinung sind kopftuchtragende Sechsjährige nicht. Die wirklichen Probleme beginnen, wie auch die Lehrerin Susanne Wiesinger in „Kulturkampf im Klassenzimmer“schreibt, nach der Volksschule. Und deshalb fordern jetzt deutsche Feministinnen in der Petition „Den Kopf frei haben“ein Kopftuchverbot bis 18 im öffentlichen Raum. Da- mit Mädchen ohne Kopftuch erspart bleibt, in Schulen von Burschen mit Schimpfworten wie Schlampe attackiert zu werden. Die Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“, die hinter dieser Petition steht, weiß, wovon sie spricht. Im Vorstand sitzen muslimische Frauen wie die Autorin Necla Kelek, die ein Verbot für ein Gebot der Stunde hält.
Werden also Mädchen mit Kopftuch sexualisiert, wie „Terre des Femmes“warnt, und müssen sie vom Kopftuchzwang befreit werden? Eine 15-jährige Muslimin aus Tirol mit Kopftuch würde entsetzt verneinen und ein Verbot als Bevormundung und Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit empfinden. Das Kopftuch sei Ausdruck ihres Glaubens, erklärte sie mir. Es klang echt, nicht eingelernt. Das ist die andere Seite der Medaille. Und dennoch ist die Petition wichtig, weil sie jene stärkt, die sich nicht zwingen lassen wollen, eines zu tragen. In Österreich hätten die Initiatorinnen aber wie in Deutschland wohl wenig Unterstützung. Zu groß die Angst, als intolerant oder fremdenfeindlich zu erscheinen. Fremdenfeindlich? Musliminnen wie Kelek zeigen klar, worum es ihnen geht: um Freiheit, Gleichberechtigung, um den politischen Islam. Nicht mehr, nicht weniger. Aber wie viele Politiker haben den Mut einer Necla Kelek?