„Flächenbrand des Vertrauens“
Christian Jauk, Vorstandschef der Capital Bank.
„Die fatalen Produkte waren ja alle mit Bestnoten bewertet. Sich selbst einen Fünfer zu geben, haben sie vergessen. Die Finanzkrise war das Desaster der Ratingagenturen.“
über die Investkredit/Kommunalkredit erwies sich dagegen als goldrichtig. Das Angebot der Volksbanken 2005, bei beiden mit einzusteigen, schlug Raiffeisen aus. Die Kommunalkredit saß im Herbst 2008 auf einem Berg von Schrottpapieren, war praktisch pleite und wurde notverstaatlicht. Für die Volksbanken hatte die Beteiligung weitreichende Folgen, denn die völlige Neu- aufstellung des Sektors läuft zumindest im Detail noch immer.
Die gute Seite der Medaille der vernetzten Finanzwelt war jene der Notenbanker, die koordiniert Geld ins System pumpten. Dass durch Nullzinsen am ärgsten die Sparer zum Handkuss kommen, ist die Kehrseite. „So hat Geld keinen Wert mehr, es gelingt keinem Normalverdiener mehr, Vermögen zu bilden,“warnt Erste-Group-Chef Andreas Treichl oft vor den Folgen. Dass Sparen sinnlos sei, komme einem Werteverlust gleich, stelle die Basis des Wirtschaftssystems auf den Kopf.
Die Sicht zweier erfolgreicher Privatbanker ist da differenziersind. ter. „Wenn das Sparbuch bei den Jungen out ist, sehe ich das positiv“, so Capital-BankVorstand Constantin VeyderMalberg. Sozialisierung zum Sparen verhindere das Investieren, sagt SchoellerbankChef Franz Witt-Dörring. Beide brechen eine Lanze für fundierte Aktienkäufe ohne übereilte Ausstiege.
Laut Veyder-Malberg stehen Banken heute generell besser da denn je. Witt-Dörring: „Uns hat die Krise viel Wachstum gebracht, weil wir so gut drübergekommen sind. 2009 massiv in Aktien zu gehen, hat sich für uns voll ausgezahlt.“
Die Nerven lagen blank. An diesem Wochenende vor 10 Jahren musste ein Hilfspaket für die angeschlagene Wall-StreetBank Lehman her, um die Finanzwelt nicht ins Desaster zu stürzen. Die Zeitverschiebung reduzierte meine Schlafzeiten auf ein Minimum. Die US-Regierung votierte für die Insolvenz. Die Entscheidung führte zu einem Flächenbrand des Vertrauens gegenüber Banken. Geschwindigkeit und Dimension der Ausbreitung überrasch- ten mich. Überall in der westlichen
Welt sprang der Staat mit milliardenschweren Hilfspaketen für Großbanken ein, auch in Österreich. Der Imageverlust für die Branche bleibt bis heute spürbar. Die Politik verordnete ein Regulierungspaket, das Bankgeschäfte für Kunden komplizierter und teurer machte. Höhere Eigenkapitalund Liquiditätsanforderungen der Aufsicht erzeugten aber dafür mehr Sicherheit. Wir blieben als Privatbank stabil, aber die Turbulenzen auf den Finanzmärkten verunsicherten unsere Anleger und wir taten alles, um sie bestmöglich zu betreuen. Infolge der Bankenrettungen kamen Staaten unter Druck, die Notenbanken reagierten mit einer Nullzinspolitik, die Sparer bis heute zu Recht verärgert. Als Erinnerung bleibt die Fragilität eines scheinbar sicheren Finanzsystems und die Erfahrung, wie ein regionales Finanzereignis als Virus die ganze westliche Realwirtschaft anstecken konnte. Ich hätte mir nicht im Traum vorstellen können, dass die Verursacher von damals die Gewinner von heute sein würden.
Christian Jauk