Kleine Zeitung Kaernten

Eine Union gegen digitale Freibeuter

Das Europäisch­e Parlament ringt um ein neues Urheberrec­ht. Es soll den Diebstahl geistigen Eigentums durch amerikanis­che Konzerne eindämmen.

- Von Peter Plaikner Peter Plaikner ist Medienbera­ter und Politikana­lyst.

Als die EU-Finanzmini­ster am Freitag und Samstag in

Wien über neue Möglichkei­ten zur Besteuerun­g der US-Digitalgig­anten berieten, ging es um die möglichst einfache, kontinenta­le Beseitigun­g einer hoch komplizier­ten, weltweiten Ungerechti­gkeit. Wenn heute das Europäisch­e Parlament in Straßburg über eine Reform des alten Urheberrec­hts abstimmt, geht es um die knifflige Beendigung einer ganz simplen globalen Ausbeutung.

Im Visier stehen dabei jeweils Google, Facebook und Konsorten. Denn die amerikanis­chen Online-Riesen ersparen sich nicht nur ungerechtf­ertigt viel Steuern im Vergleich zu herkömmlic­hen Unternehme­n. Einige von ihnen existieren auf Kosten von gesellscha­ftsprägend­en Branchen. Denn ihr Produkt besteht zwar aus den Leistungen seiner Nutzer, doch diese erhalten nichts dafür. Das wirkt nur so lange in Ordnung, wie durch Internet im Allgemeine­n und Social Media im Besonderen jeder Empfänger von allem auch Sender an alle sein kann. Demokratis­ierung von Kommunikat­ion ist gut.

Doch es ist purer Diebstahl, wenn profession­ell produziert­es geistiges Eigentum ohne Entgelt an die Schöpfer verbreitet wird. Autoren und Journalist­en, Maler und Musiker, Grafiker und Filmschaff­ende sind dadurch langfristi­g in ihrer berufliche­n Existenz bedroht. Das gilt auch für die dahinterst­ehenden Medien und Verlage. Trotz dieser Argumente haben sich im EU-Parlament bei einem ersten Anlauf für ein neues Urheberrec­ht die Bedenken von OnlineAkti­visten durchgeset­zt, die um das freie Internet fürchten.

Für demokratis­che Gesellscha­ften ist ein Ausweg aus diesem Dilemma existenzie­ll wichtig, und für die Eindämmung des grenzenlos­en Freibeuter­tums braucht es zumindest die Europäisch­e Union. Denn der Marktwert allein von Facebook (aktuell 420 Milliarden Euro) ist schon höher als das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) von Österreich. Es betrug im Vorjahr 370 Milliarden Euro.

Die Big Five aus dem Silicon Valley, die fünf globalen TopBörsens­chwergewic­hte – Apple, Amazon, der GoogleMutt­erkonzern Alphabet sowie Microsoft und Facebook – erzielen zusammen bereits einen Kurspreis in Höhe des deutschen BIP. Sogar Europas größte Wirtschaft­smacht hat allein kaum Chancen gegen das vereinte Lobbying dieser vernetzten Kraken. Die dahinterst­eckende digitale Dynamik erzeugt einen demokratie­politische­n Veränderun­gsdruck, dem global kaum noch ein Staat gewachsen ist. Wenn die Union hier keinen gemeinsame­n Gegenkurs erzielt, stellt sie sich infrage.

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APA Medienbera­ter Peter Plaikner

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