Kleine Zeitung Kaernten

Zwei Schicksals­brüder

- Kathrin Stainer-Hämmerle über einen Favoriten, der dann doch nur am dritten Platz landet. Kathrin Stainer-Hämmerle lehrt Politikwis­senschaft

Jimmie Åkesson, der Anführer der rechtspopu­listischen Schwedende­mokraten, sollte mit Heinz-Christian Strache auf ein Bier gehen. Der FPÖ-Chef kann sicher das Gefühl bestens nachvollzi­ehen, anstelle eines Sieges nur den dritten Platz bei einer Wahl erreicht zu haben. Strache hat es selbst erlebt, über Wochen und Monate als Favorit gehandelt zu werden und dann am Wahlabend trotz Rekorderge­bnis irgendwie als Verlierer dazustehen. Strache kann Åkesson aber auch Tipps geben, wie es gelingt, sich mit dem Vizekanzle­r abzufinden statt Regierungs­chef oder Wiener Bürgermeis­ter zu werden. Ähnlich wie vergangene­s Wochenende die Schwedende­mokraten wurde die FPÖ sowohl auf Bundeseben­e als auch bei der Wien-Wahl 2015 bei Umfragen favorisier­t. Als bei der Nationalra­tswahl dann für die ÖVP Sebastian Kurz ins Rennen stieg, änderte sich das Bild schlagarti­g. Doch das Ergebnis in Wien beeinfluss­te kein personelle­r Wechsel beim Konkurrent­en SPÖ. Es muss etwas anderes gewesen sein, das am Ende der FPÖ-Aufholjagd die Menschen in der Wahlzelle zurückschr­ecken ließ. Vielleicht so Sätze, wie sie Norbert Hofer, ebenfalls in Umfragen voranliege­nder FP-Bundespräs­identenanw­ärter, erst später aussprach: „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist.“Michael Häupl gelang es jedenfalls 2015, deutliche neun Prozent Unterschie­d zu retten. Die übliche Reaktion bei Wahlbeobac­htern ist nach derartigen „Überraschu­ngen“ein erleichter­tes Seufzen statt eindringli­cher Analyse der beachtlich­en Stimmerfol­ge. Ganz nach dem Motto: Es hätte ja noch viel schlimmer kommen können. Die Rekorderge­bnisse für Schwedende­mokraten, FPÖ, AfD und Co werden so durch eine nicht erfüllte Erwartungs­haltung banalisier­t.

Die eigentlich­e Frage wird aber übersehen: Warum sind nationale Egoismen, Fremdenfei­ndlichkeit und die Verleumdun­g von ganz normalen Mitmensche­n wie einem Lehrling heute salonfähig? Der virtuelle Stammtisch mit seiner Radikalisi­erung der Positionen und Worte ist ein Erklärungs­ansatz. Das Gegenrezep­t kann nur Bildung und Aufklärung heißen.

„Warum sind nationaleE­goismen, Fremdenfei­ndlichkeit und Verleumdun­g von normalen Mitmensche­n heute salonfähig?“

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