Vor diesem Mann zittert Volkswagen
Der Tübinger Anwalt Andreas Tilp vertritt vor Gericht den Musterkläger.
Man könnte Andreas Tilp auch einen Betroffenheitsanwalt nennen. Als Jus-Student verhob er sich an hochriskanten Deals mit Wertpapieren. Er soll dabei mit geliehenem Geld spekuliert haben. Immerhin gelang es ihm, die Schulden nicht zurückzahlen zu müssen. Später gab er an, durch dieses Erlebnis sein Fachgebiet als Anwalt gefunden zu haben. Und das gehört nicht zum Standardkanon der Juristen. Tilp hat sich auf Kapitalmarktrecht spezialisiert, also auf Klagen von Aktionären gegen Aktiengesellschaften. Jetzt tritt er im ersten großen Schadenersatzprozess gegen VW als Anwalt des sogenannten Musterklägers auf – das ist die Deka Investments, die Fondstochter der Sparkassen, die allein von dem Wolfsburger Autobauer rund 200 Millionen Euro haben will. Es ist sein größtes, bislang spektakulärstes Verfahren.
Tilp, Jahrgang 1963, hat klein angefangen. Mit einer Ein-Mann-Kanzlei, die er 1994 in Tübingen gründete. Er scheut sich weder vor höchst komplexen Sachverhalten noch vor Fernsehkameras. Tilp kann das, was für Laien schon längst nicht mehr durchschaubar ist, auf den Punkt bringen. Und er kann für die Medien Schlagzeilen formulieren. Die Aufmerksamkeit der Medien ist ihm im Volkswagen-Prozess sicher.
Doch der wuchtige Mann tanzt auch auf anderen Hochzeiten. In Südafrika hat er Klage gegen den deutsch-südafrikanischen Möbelhersteller Steinhoff eingereicht, der in einen BilanzSkandal verwickelt ist. Doch auch gegen Daimler geht er vor. Die Kanzlei Tilp hat das erste Verfahren gegen den schwäbischen Autobauer wegen Abgasmanipulation auf den Weg gebracht. Bei Volkswagen war sie natürlich auch die erste.