Die Fusion der Kassen ist nun fix
Gewaltige Reform oder simple Umfärbungsaktion? Die Koalition präsentiert heute Eckpunkte der Kassenfusion. Für 19.000 Bedienstete gibt es eine Jobgarantie.
Aus Sicht der Regierung ist es das größte Reformprojekt der Legislaturperiode, das über die Jahre hinweg eine Milliarde Euro zum Segen der Patienten ins Gesundheitssystem spült. Aus der Sicht von Kritikern ist das Vorhaben eine beinharte Umfärbungsaktion, um die Macht der SPÖ-dominierten Arbeitnehmer in den Sozialversicherungen zu brechen und der FPÖ den Einstieg ins Postenkarussell zu eröffnen: Heute um neun Uhr früh wird die Koalition den Durchbruch bei der Fusion der Krankenkassen verkünden. Kanzler Sebaslen
Kurz, Vizekanzler HeinzChristian Strache, FPÖ-Sozialministerin Beate HartingerKlein und ÖVP-Klubobmann August Wöginger treten vor die Medien. Im Dezember soll das Gesetz im Parlament beschlossen werden, heute startet die Begutachtungsfrist.
Die Details werden erst heute präsentiert, was nach Informationen der Kleinen Zeitung schon fix ist: Die 21 Sozialversicherungen werden mit 1. Jänner 2020 auf fünf reduziert, ab April 2019 läuft die Übergangszeit. Die neun Gebietskrankenkassen werden zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) fusioniert, die regiona-
Kassenchefs werden zu Landesleitern degradiert. Übrig bleiben eine Kasse für Selbstständige (Gewerbe und Bauern), eine Kasse für den öffentlichen Dienst, die Unfall- sowie die Pensionsversicherung. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger ist Geschichte, Alexander Biach muss Ende 2019 seine Sachen packen.
Die Regierung begründet den Schritt mit gewaltigen Einsparungen in Höhe von einer Milliarde. 2021 würden 200 Millionen, 2022 300 Millionen, 2023 500 Millionen eingespart werden, die Mittel würden für neue Kassenstellen aufgewendet und in die geplante Leistungshartian
monisierung quer durch Österreich fließen.
Die Details der Einsparungseffekte bleibt man vorerst schuldig. Nur so viel wird gesagt: Drei Viertel der Funktionäre werden eingespart (480 statt 2000), die Gremien werden um die Hälfte (50 statt 90) reduziert. Der Abbau in der Verwaltung erfolge ausschließlich über natürliche Abgänge, in den nächsten Jahren komme es zur Pensionierungswelle. Die Koalition gibt allen 19.000 Bediensteten eine im Gesetz festgeschriebene Jobgarantie.
Machtpolitisch ist Folgendes vorgesehen: Der neue, zwölf- köpfige Verwaltungsrat wird paritätisch mit Vertretern der ÖVP-nahen Arbeitnehmer und der SPÖ-nahen Arbeitgeber besetzt, der Vorsitz rotiert halbjährig. Beim Vorsitz im zweiten Gremium, der Hauptversammlung, kommen jene Parteien zum Zug, die nicht im Verwaltungsrat das Sagen haben, also vor allem die FPÖ oder auch die Grünen. Auch beim neu geschaffenen Dachverband rotiert der Vorsitz zwischen den Chefs der fünf verbleibenden Sozialversicherungen. Kammerchef Harald Mahrer gab gestern bekannt, dass er den ihm zustehenden Chefsessel nicht einnehmen werde.