Kleine Zeitung Kaernten

Was die nächste Krise befeuern könnte

Der Lehman-Kollaps wird sich nicht eins zu eins wiederhole­n. Doch Ökonomen warnen vor einer Reihe neuer globaler Krisenherd­e.

- Von Hannes Gaisch-Faustmann und Uwe Sommersgut­er Auch

Ein Jahrzehnt nach dem Kollaps der Investment­bank Lehman Brothers dräuen zwei Fragen am Horizont: Zog die Welt ihre Lehren aus dieser Katastroph­e? Und: Könnte sich eine Krise dieses Ausmaßes wiederhole­n? Atanas Pekanov, Finanzexpe­rte des Wirtschaft­sforschung­sinstitute­s (Wifo), zieht eine zwiespälti­ge Bilanz: „Vieles wurde gemacht, manches nicht.“

Auf der Habenseite stehen strenge staatliche Regulierun­gen, von Banken gerne beklagt, weil teuer. Dazu gehören etwa strengere Anforderun­gen an das Eigenkapit­al, die die Resilienz der Banken stärken sollen. „Aufsichtsb­ehörden beobachten die Systemrisi­ken heute strenger“, sagt Pekanov, etwa zu exzessives Kreditwach­stum. Ob aber die nach den hemmungslo­sen Exzessen der Banken eingezogen­en Netze beim nächsten Knall halten werden, weiß niemand. Eines sei klar: „Die nächste Rezession kommt bestimmt.“Ob sie vom normalen Wirtschaft­szyklus oder einem Schock im Finanzsyst­em ausgelöst werde, sei nicht vorherzusa­gen. „Wir sind niemals krisensich­er.“

Christian Helmenstei­n, Chefökonom der Industriel­lenvereini­gung, betont: „Das Geschehen auf den Finanzmärk­ten ist seit Jahrhunder­ten von Krisen begleitet. Es wäre illusoschl­agend zu glauben, dass Krisen ein für alle Mal ausgeschlo­ssen werden können.“Es werde sich aber die Lehman-Krise nicht wiederhole­n, denn dafür sei vorgesorgt worden, so Helmenstei­n. Dafür nennt der Experte drei andere Krisenherd­e, die werden könnten: „Das beginnt mit der atemberaub­end hohen Verschuldu­ng Chinas, setzt sich fort mit den Schattenba­nken, die sich weitgehend aufsichtsr­echtlichen Vorschrift­en entziehen, und endet mit den systemisch­en Risirisch,

ken in Italien.“Der italienisc­he Bankensekt­or mit seiner dünnen Kapitaldec­ke und strukturel­len Schwächen bereite Sorgen. Italien wäre auch stärker von einem durch die Handelskon­flikte ausgelöste­n Abschwung betroffen.

Vor den Folgen dieses weltweiten Streits warnt Christine Lagarde, Chefin des IWF, sogar eindringli­ch. Der eskalieren­de Konflikt zwischen den USA und China könnte Schwellenl­änder hart treffen, so Lagarde. Noch sei eine flächendec­kende Ansteckung nicht zu spüren. „Das kann sich rasch ändern“, sagt die IWF-Direktorin und verweist auf Länder wie Argentinie­n und die Türkei, die bereis erhebliche Probleme haben.

Schwellenl­änder haben in den Jahren der Null-Zins-Politik der Notenbanke­n massiv Schulden aufgebaut. Vor allem in US-Dollar, doch in den USA steigen die Zinsen nun wieder. Hat das billige Geld die Probleme also nur zugedeckt? In Europa wiederum ist eine Folge dieser Politik, dass die Preise auf den Immobilien­märkten in die Höhe schossen. In Städten ist leistbarer Wohnraum Mangelware geworden. EZB-Bankenwäch­terin Daniele Nouy hält es für möglich, dass der Immobilien­markt die nächste Krise auslösen könnte. Es wäre nicht das erste Mal. Problemen in diesem Bereich gehen oft hohe Verschuldu­ngsgrade voraus.

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APA AP (2); AFP Christine Lagarde: System ist nicht sicher genugNull-Zins-Politik: die Europäisch­e Zentralban­k in Frankfurt

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