An Wiens Schulen stellen Kinder mit Migrationshintergrund erstmals die Mehrheit. In Kärnten sind es 15 Prozent.
Brisante Enthüllungen enthält der Integrationsbericht: An Wiens Schulen sind Kinder mit deutscher Muttersprache erstmals in der Minderheit. Bei der Asylanerkennung liegt Österreich an der EU-Spitze.
Österreich wird immer bunter, vielschichtiger, unübersichtlicher – damit wachsen aber auch die gesellschaftlichen Spannungen, Bruchlinien und Konfliktfelder. Laut aktuellem Integrationsbericht der Bundesregierung streift die Gruppe jener, die einen Migrationshintergrund besitzen und in Österreich leben, bald die Zwei-Millionen-Marke. 1,97 Millionen Menschen (22,8 Prozent) fallen in diese Kategorie – das sind mehr Leute, als Wien Einwohner hat. Vor fünf Jahren waren es noch um die 17 Prozent.
Der dramatische Ansprung ist allerdings nicht auf die Flüchtlingswelle des Jahres 2015 zurückzuführen. Von den 860.000 Zuwanderern der letzten fünf Jahre kamen allein 70 Prozent aus dem EU- und dem EWRRaum – in diesem Raum herrschen de facto Personenfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit, Zuwanderung und Zuzug aus großen Teilen Europa sind dank der EU-Spielregeln politisch nicht mehr steuerbar. In absoluten Zahlen bilden immer noch die Deutschen die größte Ausländergruppe.
dem Hintergrund der explosiven Schilderungen und Erfahrungen im hochbrisanten Buch der Wiener Pädagogin Susanne Wiesinger springt in dem mehr als 100 Seiten dicken Bericht, der gestern von Außenministerin Karin Kneissl vorgestellt wurde, eine Zahl ins Auge: Erstmals sind Schüler, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, an Wiener Schulen in der Mehrheit (51,2). An Wiens Volksschulen sind es 58,5 Prozent, an den NMS 72,8 Prozent, an Hauptschulen sogar 82,3 Prozent, die zu Hause eine andere Sprache sprechen. BunVor
desweit hat nur ein Viertel aller Schüler nicht Deutsch als Muttersprache (in der Steiermark sind es 17 Prozent, in Kärnten 15 Prozent). Was Anlass für größte Sorge sein sollte: Zwar schneiden Kinder der zweiten Generation bei den schulischen Grundkenntnissen besser ab als
Kinder der ersten Generation, im OECD-Vergleich bleibt die zweite Generation deutlich hinter Kindern ohne Migrationshintergrund zurück.
Wie groß der integrationspolitische Nachholbedarf ist, zeigen andere Erkenntnisse aus dem Bericht, der sich als Fundgrube entpuppt. Knapp die Hälfte aller Bezieher einer Mindestsicherung (49 Prozent) besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, ausländische Bezieher stellen in Wien, Tirol und Vorarlberg sogar die Mehrheit. Davon sind mehr als die Hälfte Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte. Unter den Österreichern waren 2017 7,5 Prozent arbeitslos, die Quote unter Nichtösterreichern lag bei 12,5 Prozent.
Überraschendes bringt die Statistik zu den Asylanträgen zutage. 2017 rangierte Österreich bei den in der EU gestellten Asylanträgen nur auf Platz acht. Außer Deutschland oder Frankreich verzeichneten auch Schweden, Spanien, Italien und Griechenland mehr Asylanträge. Bei der Asylanerkennung lag Österreich mit 237 Anerkennungen je 100.000 Einwohner unangefochten an der Spitze.