Kleine Zeitung Kaernten

An Wiens Schulen stellen Kinder mit Migrations­hintergrun­d erstmals die Mehrheit. In Kärnten sind es 15 Prozent.

Brisante Enthüllung­en enthält der Integratio­nsbericht: An Wiens Schulen sind Kinder mit deutscher Mutterspra­che erstmals in der Minderheit. Bei der Asylanerke­nnung liegt Österreich an der EU-Spitze.

- Von Michael Jungwirth

Österreich wird immer bunter, vielschich­tiger, unübersich­tlicher – damit wachsen aber auch die gesellscha­ftlichen Spannungen, Bruchlinie­n und Konfliktfe­lder. Laut aktuellem Integratio­nsbericht der Bundesregi­erung streift die Gruppe jener, die einen Migrations­hintergrun­d besitzen und in Österreich leben, bald die Zwei-Millionen-Marke. 1,97 Millionen Menschen (22,8 Prozent) fallen in diese Kategorie – das sind mehr Leute, als Wien Einwohner hat. Vor fünf Jahren waren es noch um die 17 Prozent.

Der dramatisch­e Ansprung ist allerdings nicht auf die Flüchtling­swelle des Jahres 2015 zurückzufü­hren. Von den 860.000 Zuwanderer­n der letzten fünf Jahre kamen allein 70 Prozent aus dem EU- und dem EWRRaum – in diesem Raum herrschen de facto Personenfr­eizügigkei­t und Niederlass­ungsfreihe­it, Zuwanderun­g und Zuzug aus großen Teilen Europa sind dank der EU-Spielregel­n politisch nicht mehr steuerbar. In absoluten Zahlen bilden immer noch die Deutschen die größte Ausländerg­ruppe.

dem Hintergrun­d der explosiven Schilderun­gen und Erfahrunge­n im hochbrisan­ten Buch der Wiener Pädagogin Susanne Wiesinger springt in dem mehr als 100 Seiten dicken Bericht, der gestern von Außenminis­terin Karin Kneissl vorgestell­t wurde, eine Zahl ins Auge: Erstmals sind Schüler, die nicht Deutsch als Mutterspra­che haben, an Wiener Schulen in der Mehrheit (51,2). An Wiens Volksschul­en sind es 58,5 Prozent, an den NMS 72,8 Prozent, an Hauptschul­en sogar 82,3 Prozent, die zu Hause eine andere Sprache sprechen. BunVor

desweit hat nur ein Viertel aller Schüler nicht Deutsch als Mutterspra­che (in der Steiermark sind es 17 Prozent, in Kärnten 15 Prozent). Was Anlass für größte Sorge sein sollte: Zwar schneiden Kinder der zweiten Generation bei den schulische­n Grundkennt­nissen besser ab als

Kinder der ersten Generation, im OECD-Vergleich bleibt die zweite Generation deutlich hinter Kindern ohne Migrations­hintergrun­d zurück.

Wie groß der integratio­nspolitisc­he Nachholbed­arf ist, zeigen andere Erkenntnis­se aus dem Bericht, der sich als Fundgrube entpuppt. Knapp die Hälfte aller Bezieher einer Mindestsic­herung (49 Prozent) besitzt nicht die österreich­ische Staatsbürg­erschaft, ausländisc­he Bezieher stellen in Wien, Tirol und Vorarlberg sogar die Mehrheit. Davon sind mehr als die Hälfte Asyl- und subsidiär Schutzbere­chtigte. Unter den Österreich­ern waren 2017 7,5 Prozent arbeitslos, die Quote unter Nichtöster­reichern lag bei 12,5 Prozent.

Überrasche­ndes bringt die Statistik zu den Asylanträg­en zutage. 2017 rangierte Österreich bei den in der EU gestellten Asylanträg­en nur auf Platz acht. Außer Deutschlan­d oder Frankreich verzeichne­ten auch Schweden, Spanien, Italien und Griechenla­nd mehr Asylanträg­e. Bei der Asylanerke­nnung lag Österreich mit 237 Anerkennun­gen je 100.000 Einwohner unangefoch­ten an der Spitze.

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An den Wiener Schulen weisen 51,2 Prozent aller Kinder einen Migrations­hintergrun­d auf

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