Kleine Zeitung Kaernten

„Ich würde nie einen Dealer vertreten“

Peter Urabl ist Anwalt und setzt sich als Obmann von Oikos für Drogenkran­ke ein. Ein Gespräch über Süchte und wie man die eigenen Kinder vor Drogen bewahrt.

- Von Thomas Cik

Zum Zeitpunkt des Interviews halten wir bei der erschrecke­nden Bilanz von 16 Drogentote­n dieses Jahr in Kärnten. Die Zahl kann jeden Tag steigen. Wieso wagen Sie sich als Anwalt in das rechtliche und politische Minenfeld Drogenther­apie?

PETER URABL: Ich hole etwas aus. Mein guter Freund und Lehrmeiste­r Hans Quendler hatte vor zwölf Jahren einen schweren Unfall, ist nun behindert. Ich kann ihn nicht gesund machen, aber ich kann mich als Vorstand seiner Privatstif­tung unentgeltl­ich darum kümmern, dass wenigstens die Finanzen seiner Familie stimmen. Das bin ich ihm schuldig. Und auch wenn ich der Gesellscha­ft nichts schuldig bin: Es geht mir gut, meinen Kindern geht es gut, wir sind alle gesund. Da will man etwas geben. Und so bin ich über die Beratung von Kindern aus Problemfam­ilien zu Oikos gestoßen. Ich kann hier kurativ für Süchtige nichts machen, aber ich kann mit meiner Profession organisato­risch etwas aufstellen. Die Menschen, die hier betreut werden, Drogenkran­ke und -süchtige, haben keine Lobby.

Das macht ihre Aufgabe nicht leichter.

Ich kenne Gesundheit­sreferenti­n Beate Prettner noch nicht so

aber ich weiß, dass sie auch als Politikeri­n als Ärztin handelt und den Menschen helfen will. Man kann mit dem Thema keine Wahl gewinnen, aber man kann Menschenle­ben retten.

Kann man die Eskalation der Drogensitu­ation in Kärnten noch aufhalten?

Prävention ist ein schwierige­s Thema. Gerade heute meinte eine Ärztin zu mir: In den Schulen müsste mehr getan werden. Dabei sagen alle Lehrer, völlig zu Recht: Es wird schon die ganze Erziehung auf uns abgewälzt.

Ist dann das Strafrecht die adäquate Methode?

Die Frage stelle ich mir auch oft mit Zweifeln. Aber dann schaue ich unsere Klienten an. Viele standen vor dem Richter und hatten die Wahl: Therapie oder Strafe. Wenn wir sie nicht über diesen Weg in unsere Einrichgut,

tung bekommen hätten, wären sie vielleicht schon der 17. oder 18. Drogentote.

Viele Anwälte klagen darüber, dass sie immer mehr Pflichtver­tretungen für Drogendeal­er machen müssen.

Ich bin unsicher, ob die Polizei mehr Ermittlung­serfolge hat, oder ob es mehr Kriminalit­ät gibt. Und wenn wir uns ehrlich sind: Es sind kleine Fische, die dealen, um die eigene Sucht zu finanziere­n oder das als einzige Einnahmequ­elle sehen. Die großen Fische sind da nicht dabei, die bleiben im Hintergrun­d. Aber dass die Zahl der Drogendeli­kte, die vor Gericht verhan-

delt werden, steigt, ist unbestritt­en. Und in Österreich haben wir eben den Grundsatz: Wenn sich jemand keinen Anwalt leisten kann, bekommt er einen Pflichtver­teidiger. Wenn mir so ein Fall zugeteilt würde, müsste ich es machen. Aber gegen Honorar würde ich nie einen Dealer vor Gericht vertreten, auch wenn natürlich das Prinzip der Unschuldsv­ermutung gilt. Die gleiche Haltung habe ich übrigens bei Leuten, die mit Kinderporn­ografie oder Ähnlichem zu schaffen haben.

Sie sind Vater einer Teenagerin. Wie groß ist die Sorge, dass Ihre Tochter abdriften könnte?

Ich weiß, dass weder Bildung noch sozialer Status eine Versicheru­ng gegen Drogen sind. Ich lebe bei meiner Tochter einen Vertrauens­vorschuss, lasse ihr Freiheiten, weiß aber, oder hoffe zumindest, dass sie uns alles sagen würde. Und zum Glück hat sie einen Freundeskr­eis, der sich gegenseiti­g aus dieser Szene fernhält.

Sie lebten lange in Wien und Berlin. Wie hat sich ihr Blick auf Kärnten in dieser Zeit verändert?

Als ich um das Jahr 2000 zurückkam, gehörte ich nicht zu jenen, die wegen der schönen Landschaft und dem See begeistert waren. Mir fehlte eher das

Urbane, dass man jederzeit ins Theater oder zu einem Konzert gehen kann. Mittlerwei­le bin ich älter und Klagenfurt auch größer geworden. Es ist immer noch eine beschaulic­he Stadt, man kann sie überblicke­n. Aber sie hat auch etwas Weitläufig­es bekommen – und das meine ich jetzt positiv und ganz abseits der Drogenprob­lematik. Außerdem sollte man nach vorne blicken: Mit der Koralmbahn wird der Süden noch weiter zusammenwa­chsen. Wenn Klagenfurt das für sich nützt, wird niemandem mehr etwas fehlen.

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BAUER Oikos-Obmann Peter Urabl will der Politik in der DrogenTher­apie die Hand entgegenst­recken
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