Mit dem Erfolg krank geworden
Eishockey-Profi Austin Smith musste seine Karriere beenden. Er belastet Ex-Klub Bozen schwer und fordert Geld.
Austin Smith lächelt. Er stemmt den Meisterpokal und wirkt dabei federleicht. Das Foto wurde 20. April 2018 geknipst. Wenige Momente, nachdem er mit Bozen in Salzburg im EBEL-Finale besiegt hatte. Das Bild sollte den größten Triumph seiner Karriere festhalten und zeigt Smith gleichzeitig zum letzten Mal als Eishockey-Profi. Was jedoch nicht darauf erkennbar ist: Der Texaner ist schwer krank.
Seit Play-off-Start kämpft der 29-Jährige mit den Symptomen einer Gehirnerschütterung. Eigentlich sollten spätestens jetzt die Alarmglocken schrillen. Schuld daran sind drei Buchstaben. CTE – in Nordamerika ist höchste Sensibilität angesagt. „Chronisch-traumatische Enzephalopathie“lautet die vollständige Bezeichnung für derartige Schädigungen des Gehirns. Sie tritt mitunter im Boxen, American Football oder Eishockey auf. Wissenschaftlich bestätigte Auslöser sind Gehirnerschütterungen. Gravierende Folge-Erkrankungen: Demenz, Depressionen und erhöhtes Suizidrisiko. Das verbreitet Angst. Bei Sportlern, die um ihre Gesundheit bangen. Und bei Verantwortlichen vor drohenden Milliardenprozessen durch Schadensersatzforderungen der Nachkommen. Denn CTE ist erst nach dem Tod diagnostizierbar.
Versehen mit Begleittext auf Smiths Instagram-Profil, geht die Glückseligkeit mit einem Schlag verloren. „Der Preis dafür war hoch. Ich habe mit einer schweren Gehirnerschütterung gespielt und kämpfe noch immer mit den Symptomen. Meine Karriere ist zu Ende“, fasst der US-Amerikaner zusammen und holt dann zur großen Abrechnung aus: „Bozen hatte kein Verständnis für meine Verletzung, obwohl ich zwei Play-offSpiele pausieren musste, sondern zwang mich sogar, Schlaftabletten zu nehmen.“
In einer ersten Reaktion bezichtigte Bozen seinen ehemaligen Spieler der Lüge: „Wir würden niemals die Gesundheit der Spieler aufs Spiel setzen und verletzte Spieler zu einem Einsatz zwingen.“Eine umfangreiche Stellungnahme soll aus rechtlichen Gründen noch erfolgen, vermutlich bei einer
kommenden Montag. Manager Markus Meraner war für weitere Auskünfte jedenfalls nicht erreichbar.
Das ist aber nicht die ganze Geschichte. Warum Smith dennoch Eishockey gespielt hatte? „Ich habe seit fast zehn Monaten diese Symptome. Aber ich stand unter Druck, weil ich dachte, dass ich sonst mein Geld nicht bekomme.“Eine Vorahnung. Der Toronto-Trip im Dezember 2017 zu GehirnSpezialisten (von Smith aus eigener Tasche bezahlt) und von Bozen-Trainer Kai Suikkanen gewährte Pausen, dürfte ihm Dieter Knoll, Boss der Südtiroler, übel genommen haben.
Smith wurde also nicht nur bei den Behandlungskosten von mittlerweile rund 8000 Euro sitzen gelassen. Ein Großteil der versprochenen Bonuszahlungen ist ausgeblieben. „Bei mir sind noch rund 10.000 Euro netto offen“, so der US-Amerikaner. Prämien, die mittlerweile jeder der Meistertruppe überwiesen bekommen habe, außer Smith. Ursprünglich wären etwa 5000 Euro pro Person vorgesehen gewesen. Knoll dürfte jedoch versucht haben, mit schrittweisen Erhöhungen Extra-Motivation einzuflößen. Warten darauf mussten alle Cracks. Bis schließlich EBELGeschäftsführer Christian Feichtinger und Wien-Manager Franz Kalla kräftig interveniert haben sollen.
Unter schlechtem Stern schien Smiths Abenteuer in Bozen von Anfang an zu stehen. Im Sommer 2017 von Innsbruck zu BoPressekonferenz zen gewechselt, soll im Herbst bereits über eine Rückkehr diskutiert worden sein. Knoll aber verweigerte damals die Freigabe. Zwei Tage nach dem Titelgewinn im April 2018 war der ersehnte Wechsel besiegelt, ehe Smith im Juni um Vertragsauflösung bitten musste. Was er sich nun erhofft? „Bezahlung meiner offenen Gehälter, Bezahlung meiner Behandlungskosten, die eigentlich vertraglich vereinbart sind und eine Entschuldigung.“
Smith hat sein unbeschwertes Meisterlächeln verloren. Er musste seinen Rücktritt erklären. Jetzt will er nur noch Gerechtigkeit. Seine Warnung an andere Spieler lautet: „Passt auf, wo ihr unterschreibt.“Ein Satz, der in der EBEL nicht zum ersten Mal zu hören ist.