Das Zirkuskind
Anfangs lief alles ganz normal. Ich purzelte in die Welt, ich kroch eine Zeit lang als Bodenlurch auf allen vieren dahin, dann erlernte ich flugs den aufrechten Gang und alle waren glücklich und zufrieden mit mir. Aber dann aus heiterem Himmel der große, dramatische Rückfall: Den Gesetzen der Schwerkraft folgend, landete ich plötzlich wieder auf allen vieren, plumpste ständig um, meine langen Beinen verknoteten sich ständig ineinander; oft waren diese seltsamen Auftritte so kunstvoll, dass mich die Menschen im Dorf „Zirkuskind“riefen. Vielleicht wäre ein großer, berühmter Akrobat aus mir geworden, wenn da nicht ständig diese wüsten Verletzungen gewesen wären.
Blut, Schweiß und Tränen pflasterten meinen Weg. Das spektakuläre Poltern von der Bodenstiege brachte mir eine geplatzte Lippe ein, der waghalsige Salto Mortale auf dem Tretroller ein zerschundenes Kindergesicht, der todesverachtende Bauchfleck auf dem Eislaufplatz zwei eingeschlagene Vorderzähne. Die Dorfmenschen schüttelten belustigt den Kopf über den bewegungsoriginellen Bruchpiloten und lustige Vorschläge für meinen künftigen Arbeitsplatz aus dem Ärmel. „Der Bub könnte im Circus Kaputti auftreten“, meinte der Dorfälteste. Mit meinem kleinen Mütchen habe ich gegen diesen blöden Namen protestiert. Aber ohne Vorderzähne hat man mich wohl schwer verstanden.