Die CSU als Vorabendserie
In Bayern könnte die CSU bei den Landtagswahlen Mitte Oktober ihr historisch schlechtestes Ergebnis einfahren. Die Schuldigen sind bereits gefunden.
E s gibt Neues bei der CSU: Die CSU stapelt tief. Das ist sonst nicht so ihre Sache, sie ist eine Meisterin der Übertreibung. Sie ist eine Drama Queen, ihre Welt besteht aus dem Größten, dem Besten, dem Schönsten und natürlich auch aus dem Schlimmsten.
Umso erstaunlicher ist es, wenn es in der CSU etwas bescheidener wird. Ziel sei es, bei der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober die stärkste Partei zu werden, hat Seehofer erklärt. Was eigentlich gar nicht schlecht klingt im Vergleich zu den aktuellen Umfragen. Bei 35 Prozent liegt die CSU gerade.
Von der absoluten Mehrheit ist in der CSU seit Monaten nicht mehr die Rede. Gut 60 Prozent hat Edmund Stoiber einmal vor 15 Jahren geholt, Günther Beckstein musste als Ministerpräsident 2008 gehen, weil die CSU auf 43 Prozent sackte und die Absolute verlor. Seehofer hat die zwischendurch wiedergeholt. Aber nun könnte es sein, dass sogar zwei andere Parteien nötig werden für eine Regierungsbildung.
Und wenn es so kommt, wie die Umfragen vorhersagen, wäre dies das Ende eines eige- nen politischen Kapitels in Deutschland: Jahrzehntelang ist in Bayern nahezu alles über die CSU gelaufen, politische Entscheidungen wie Karrieren. Und in der Bundespolitik konnte die CSU massiver auftreten als jeder Koalitionspartner.
Für den Absturz der CSU gibt es innere und äußere Gründe. Zu den äußeren gehört die Veränderung der bayerischen Bevölkerung: Zehntausende sind in den letzten Jahrzehnten zugezogen aus anderen Bundesländern. Sie bringen die Erfahrung mit, dass Regierungen ab und zu einmal wechseln. Die CSU hat sich ihre Schwäche auch selbst zuzuschreiben. Sie hat sich über Jahre vor allem mit internen Machtkämpfen beschäftigt und wirkte dadurch mehr wie eine Vorabend-Fernsehserie als wie eine ernst zu nehmende Partei. Die übrige Kraft ging in den Streit um die Flüchtlingspolitik mit CDU und Kanzlerin. Sachli- che Auseinandersetzung wurde von Drohungen, persönlichen Herabsetzungen überlagert.
Schon bei der Bundestagswahl haben CSU wie CDU über ein maues Ergebnis die Folgen ihres endlosen Streits zu spüren bekommen. Vor der Sommerpause wurde ein neues Kapitel angefügt, erneut mit nächtlichen Krisensitzungen und allem Drum und Dran. Die Performance von Seehofer mit Rücktrittsdrohungen, schiefen Vergleichen und immer neuen Seltsamkeiten ist da nur das iTüpfelchen.
Markus Söder, der bei allen Kämpfen fleißig mitgemischt hat, hat eine neue Tonlage angestimmt. Er ist wieder präsidialer, landesväterlicher. Eine neue Erzählung ist damit verbunden: Die CSU sei die Bewahrerin von V Stabilität und Demokratie. on mehr Parteien im Landtag, von einer Koalitionsregierung in Bayern wird die Demokratie nicht bedroht. Wie weit es mit dem Staatstragenden der CSU her ist, wird sich zeigen, wenn die Wahl gelaufen ist: Bei der Suche nach dem Schuldigen für ein Wahldesaster wird die CSU schnell in Berlin angelangt sein.