Im Spiegelkabinett des eigenen Lebens
Christian Diendorfer vertont Haushofers Buch „Die Wand“.
Wenige Bücher brennen sich so ins Gedächtnis wie Marlen Haushofers klaustrophobischer Roman „Die Wand“(1963). Der Linzer Opernintendant Hermann Schneider fand, das Werk eigne sich zur Vertonung, und verfasste das Libretto selbst. Die hinter einer unsichtbaren Wand auf einer Alm gefangene Protagonistin spaltet er in drei: eine Sängerin, eine Schauspielerin, eine Tänzerin, die synchron die Nöte und Ängste der Eingeschlossenen zum Ausdruck bringen.
Das Publikum sitzt im Kreis um den engen Lebensraum der Frau, als wäre es die Wand. Verschiebbare Glastafeln hängen von der Decke, Trennwand und Spiegel zugleich. Zwi- schen die Zuhörer platzierte Regisseurin Eva-Maria Melbye Choristen, das Orchester mit großem Schlagwerk und kleiner Streicherbesetzung sitzt abseits auf erhöhtem Podest.
Idyllisch ist nichts mehr auf dieser Alm, nicht der Holzblock, nicht das grobe Bett. Hier haust ein Mensch, dem die Welt abhandengekommen ist, der lernen muss, sich allein durchzuschlagen, zu jagen, auszuweiden, am Höhepunkt der Oper auch zu morden.
Christian Diendorfer ist dazu eine beklemmende, atmosphärisch dichte Übersetzung der eindringlichen Sprache Haushofers gelungen. Jinie Ka hat das komplexe Klanggewebe mit dem Bruckner-Orchester akribisch einstudiert. Jessica Eccleston singt ihre wenigen Sätze fast zu schön angesichts der seelischen Not, Anna Ste˘rbová ˇ tanzt sich die Seele aus dem Leib und Verena Koch macht mit pointierter Schauspielkunst den verbliebenen Handlungsrest deutlich. Freundlicher Applaus. TG
„Die Wand“: noch neun Termine bis 21. 10., 20 Uhr, BlackBox Musiktheater Linz. Karten: Tel. (0732) 76 11-400, landestheater-linz.at.