Kleine Zeitung Kaernten

Der Kanzler auf europäisch­er Mission

Sonntag Merkel, Montag Macron und heute Italiens Ministerpr­äsident Conte. Bundeskanz­ler Kurz wirbt für seine Migrations­politik.

- Von Stefan Winkler, Paris

Sieben Stufen hat die Treppe im Innenhof des Élyséepala­sts. Emmanuel Macron läuft sie mit federnden Schritten hinab auf die dunkle Limousine mit dem Gast aus Wien zu, die knirschend im weißen Kies stoppt. Kurze, abgehackte Befehle durchschne­iden die Stille. Der pompöse Empfang gilt Sebastian Kurz als Kanzler und amtierende­m EU-Ratsvorsit­zenden in Personalun­ion. Natürlich inszeniert der französisc­he Präsident auch seine Macht und die seines Landes.

Über Kurz und Macron ist viel geschriebe­n worden, über die Jugend, die sie eint, und die Politik, die sie trennt. Als Antipoden hat man die zwei dargestell­t, liberal und europäisch gesinnt der Franzose, konservati­v und nach rechts offen der Österreich­er. Aber die Flüchtling­skrise hat alle Zuordnunge­n

Mit harter Faust geht Macron gegen illegale Zuwanderer vor. Kurz ist an diesem strahlende­n Septembert­ag nach Paris gereist, um vor dem Gipfel den Präsidente­n in der Migrations­politik als Verbündete­n zu gewinnen.

„Es gibt zu viele Spannungen in der Europäisch­en Union zwischen Osten, Westen, Norden und Süden“, sagt der Kanzler, als er mit dem französisc­hen vor die Presse tritt. Er will loskommen vom lähmenden Streit um die Verteilung der Flüchtling­e, der seit Jahren das Klima in Europa vergiftet. Der Vorschlag, den Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker in der Vorwoche bei seiner Rede zur Lage der Union zur Stärkung der EU-Grenzschut­zagentur Frontex und zur Ausweitung ihres Mandats gemacht hat, kommt Kurz geledurche­inandergew­irbelt. gen. Er könnte inmitten von Zank und Hader einen Minimalkon­sens darstellen, hofft man in Wien. Und nach der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die er am Vorabend in Berlin traf, sichert ihm in Paris auch Macron Unterstütz­ung zu.

„Um das Gleichgewi­cht Europas zu sichern und unsere Mitbürger zu schützen“, müsse Europa Frontex stärken, die Außengrenz­en schützen, die Ankünfte besser kontrollie­ren, den Dialog mit den Transit- und Herkunftsl­ändern suchen und die Rückführun­gen optimieren, sagt Macron, ehe er sich mit seinem österreich­ischen Gast zum intensiver­en Austausch zurückzieh­t.

Von einem „guten Gespräch“berichtet danach der Kanzler in der österreich­ischen Botschaft. Er sei „froh“darüber, dass sich der Fokus der Debatte, in der es vor zwei Jahren noch sehr moralisier­end um Quoten geganPräsi­denten gen sei, hin zu einer Aufwertung von Frontex verlagert habe. Nur wenn man so weit komme, dass die Flüchtling­sboote gar nicht erst von Nordafrika ablegen, könne man das Geschäftsm­odell der Schlepper zerschlage­n, so Kurz.

Doch wie immer spießt es sich an Details. In Italien, Griechenla­nd und Spanien gibt es gegen eine Ausweitung des Mandats von Frontex starken Widerstand. Die Südländer stemmen sich gegen den Souveränit­ätsverlust, der mit einem in ihren Gewässern autonom operierend­en europäisch­en auf 10.000 Mann aufgestock­ten Grenzschut­zkorps verbunden wäre. „Die südeuropäi­schen Länder müssen sich beim Thema Migration auch „helfen lassen“, sagt der Kanzler in Paris. Heute will er bei einem Besuch in Rom Italiens Ministerpr­äsident Giuseppe Conte davon überzeugen.

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Herzlicher Empfang in Paris: Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und Präsident Emmanuel Macron

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