Kleine Zeitung Kaernten

„Lernen, im Moment zu leben“

Allein mit der Diagnose: wie es pflegenden Angehörige­n geht.

-

Die Krankheit wird unweigerli­ch fortschrei­ten, die Defizite werden größer werden, Jahr für Jahr verliert man ein Stück von einem geliebten Menschen: Das sind die Herausford­erungen an Angehörige, die Antonia Croy und Claudia Knopper nennen. Beide haben sie selbst demenzkran­ke Familienmi­tglieder gepflegt, beide sind sie in der Selbsthilf­e aktiv und kennen die Herausford­erungen, mit denen Angehörige konfrontie­rt sind. „Das Hauptthema ist die fehlende stundenwei­se Betreuung“, unterstrei­cht auch Knopper. „Alleine schaffe ich es nicht“, sei einer der Sätze, die sie in den Gruppensit­zungen am öftesten höre.

Es werde zu viel diskutiert und zu wenig angeboten. Ein Szenario, das sie oft beobachte, sei: Der Betroffene und seine Familie bekommen die Diagnose Alzheimer und werden damit nach Hause geschickt und alleine gelassen. „Erst wenn es den Betroffene­n ganz schlecht geht, tauchen diese Familien wieder auf“, sagt Knopper. Ihre Wunschvors­tellung: ein Behandlung­splan ab der Diagnose, der dann mit einem mobilen Demenzteam zu Hause umgesetzt werde – und damit auch das „Horrorszen­ario“Alzheimer entkräften würde.

Woran sich pflegende Angehörige wie Croy und Knopper wieder aufrichten? „Ob Partner oder Elternteil: Der Hauptantri­eb ist natürlich die grundlegen­de Liebe und der Wunsch, dass es dem Betroffene­n weiterhin gut geht.“Aber nicht nur das: Es seien auch die klaren Momente, in denen die Dankbarkei­t zu spüren ist, die Nähe zu dem betroffene­n Menschen, die Verbindung, die es noch immer gibt und die sich von der verbalen auf die emotionale Ebene verlagert. „Man muss lernen, im Moment zu leben“, sagt Antonia Croy. „Auch wenn sich der andere schon bald nicht mehr an den Moment erinnern kann.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria