Fing Tschin Hu! Oder Hon Mi Tschung?
Wie verzweifelt der Zustand des Planeten ist, lässt sich daran ablesen, ob der Literaturnobelpreis vergeben wird. Heuer ist das zum ersten Mal seit 75 Jahren nicht der Fall, seit 1943, Zweiter Weltkrieg – als ob die Dichter etwas dafür könnten ...; und diesmal aufgrund eines fürchterlichen Sexualproblems in der Jury. Wer hätte das gedacht? Daher müssen auch die Expertenprognosen entfallen, wer es diesmal schaffen könnte.
Aber nächstes Jahr wird die Welt verbessert sein und der Nobelpreis wieder vergeben werden, und daher lautet mein Tipp schon jetzt: Fing Tschin Hu. Denn erstens kann mich gar nichts überraschen, zweitens hat sich der südchinesische Lyriker diese Auszeichnung längst verdient, sodass ich im Fall der Fälle gleich behaupten können werde, die schwedische Akademie habe eine gute Wahl getroffen, was mich als Wahlbeurteiler gleich auch über die schwedische Akademie erhebt (von der sexualpolitischen Uncorrectness abgesehen) und last, but not least, sind Fing Tschin Hus Gedichte nicht nur hintergründig ironisch und mit lokalen gesellschaftlichen Referenzen zum Alltag der Südchinesen durchsetzt, sondern existenzielle Meditationen, in denen das Beobachten und das Sehen zur Grammatik des Seins werden. So. Dagegen soll einer einmal etwas vorbringen, ohne sich als neidischer Querulant abzuqualifizieren! ber als ob ich es geahnt hätte, kann der friedlichste Experte nicht in Frieden leben, weil immer ein lästiges Gegenüber auftaucht, das einwirft, er persönlich fände Hon Mi Tschung die viel bessere Wahl, weil ... Zudem spreche eindeutig für Hon Mi Tschung, dass er sehr zurückgezogen lebt, sodass nicht völlig geklärt ist, ob er überhaupt existiert. Niemand weiß genau, wie alt er ist und es existiert keine einzige Fotografie. Von solchen spekulationsbefeuernden Äußerlichkeiten abgesehen enthülle Hon Mi Tschungs Lyrik hinter jedem Schweigen eine Klage und finde hinter jedem Geheimnis eine Tat. Seine Lyrik und Prosa vereine poetische Brillanz mit politischer Brisanz. Gut, das kann man immer sagen. Jedenfalls: Wir haben ein spannendes Jahr vor uns!
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