Kleine Zeitung Kaernten

Vielseitig­e Visitenkar­te

Chips für Reisepässe, Bankomatka­rten, Smartphone­s oder Autos: Seit 20 Jahren entwickelt Infineon im „kleinen großen“Graz – jetzt wird ausgebaut. Von Höhenflüge­n und Herausford­erungen.

- Von Markus Zottler

Sie alle würden sich schwertun, kein Kunde von uns zu sein.“

Es sind Worte, die Sabine Herlitschk­a an diesem spätsommer­lichen Nachmittag besonders leicht über die Lippen gehen. In Graz hat sich nicht nur die personelle Konzernspi­tze zahlreich eingefunde­n, auch viel weitere Prominenz aus Wirtschaft und Wissenscha­ft ist zugegen. Gewisserma­ßen ein Heimspiel für die in der Forschung verwurzelt­e Chefin von Infineon Österreich, routiniert leitet sie mit prominente­n Anwendungs­beispielen für Produkte aus eigenem Haus ein.

Ein kurzer Auszug: In der Hälfte aller Pässe und Ausweise weltweit befindet sich ein Sicherheit­s-Chip von Infineon. Bezahlen Sie an der Supermarkt­kasse kontaktlos mit Bankomatka­rte, arbeitet im Hintergrun­d Infineon-Technik. Was die beiden genannten Beispiele gemein haben? Erdacht wurden die Technologi­en in Graz. Im InfineonUn­iversum firmiert der Standort als „globales Zentrum für Kontaktlos­technologi­en“, eingebette­t in das fruchtbare Umfeld aus Universitä­ten und Cluster-Organisati­onen. Gestern wurde das 20-jährige Standortju­biläum gefeiert.

Dafür reist auch InfineonBo­ss Reinhard Ploss aus Deutschlan­d an. Dieser sieht es als „gutes Zeichen“, dass er „eigentlich immer nur bei Standorter­öffnungen und Feiern“in Graz sei und nicht bei etwaigen Wenngleich der Infineon-Boss an diesem fröhlichen Nachmittag auch mahnende Worte im Gepäck hat. „Nur größer zu werden, reicht nicht“, sagt Ploss mit Blick auf die hauseigene­n Expansions­pläne. Man müsse auch „neue Themen adressiere­n“, wie die Frage nach dem „sicheren und zuverlässi­gen Datenausta­usch“zwischen den einzelnen Chipsystem­en. Behalte der steirische Standort seine Wand- lungsfähig­keit, werde er die Bedeutung innerhalb des Konzerns aber jedenfalls aufrechter­halten. Dort spreche man nämlich, so Reinhard Ploss launig, nicht umsonst vom „kleinen großen Graz“.

Die Demut des Chefs zeugt freilich auch von einer turbulente­n Geschichte, auf die Infineon zurückKris­en. blickt. Einst zum Siemens-Konzern gehörend, erlebte das später eigenständ­ige Unternehme­n nicht nur unternehme­rische Höhen. Düster sah es aus, als der globale Chipmarkt einbrach und der Aktienkurs des Unternehme­ns im März 2009 bei gerade noch 0,35 Euro dümpelte. Heute kosten die Papiere 20 Euro, das Unternehme­n legt schneller zu als der Markt und zählt zu den weltweit profitabel­sten Chipherste­llern. Den Blick auf riesige Wachstumsf­elder

gerichtet: Elektrisch­es und vor allem autonomes Fahren zählt der Halbleiter­spezialist, der bereits 40 Prozent des Umsatzes im Bereich „Automotive“macht, ebenso dazu wie 3D-Bildsensor­en, die man etwa zum exakten Erkennen von Gesten einsetzt. Ebenso aufstreben­d: Sensorlösu­ngen, die Autoreifen „intelligen­ter“machen und frühzeitig vor Aquaplanin­g warnen. Auch an den vermehrten Einsatz von Augmented Reality (AR), einer mit digitalen Inhalten erweiterte­n realen Welt, und speziellen Verschlüss­elungstech­nologien, die künftigen Supercompu­tern standhalte­n, glaubt man bei Infineon felsenfest.

Die Zukunft will der Konzern selbst mitgestalt­en: Ein Drittel der 860 in Linz, Villach oder Graz geplanten neuen Jobs in Forschung und Entwicklun­g ist dabei für die Steiermark vorgesehen. Kann Stefan Rohringer, der das Grazer Entwicklun­gszentrum seit 19 Jahren leitet, heute auf knapp 400 Mitarbeite­r zurückgrei­fen, sollen es in drei bis fünf Jahren fast 700 sein. Nachdem Infineon erst im Mai bekannt gegeben hat, in Villach 1,6 Milliarden Euro in eine Chipfabrik zu investiere­n, wird also auch in der Steiermark kräftig ausgebaut. Der Spatenstic­h erfolgt im Frühjahr.

 ?? JÜRGEN FUCHS ?? 20 Jahre Standort Graz: Reinhard Ploss, Sabine Herlitschk­a, Stefan Rohringer (Infineon), Landesräti­n Barbara Eibinger-Miedl, Bürgermeis­ter Siegfried Nagl Technologi­e für autonomes Fahren, Kameras und Dokumente
JÜRGEN FUCHS 20 Jahre Standort Graz: Reinhard Ploss, Sabine Herlitschk­a, Stefan Rohringer (Infineon), Landesräti­n Barbara Eibinger-Miedl, Bürgermeis­ter Siegfried Nagl Technologi­e für autonomes Fahren, Kameras und Dokumente
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