Top-Manager fordern höheres Reformtempo
Standortbefund hochrangiger Industriemanager: Lob für die Forschungsförderung, Warnung vor Lücken auf dem Arbeitsmarkt
Wo steht der Wirtschaftsstandort im globalen Wettbewerb, welche Faktoren sind für global agierende Unternehmen entscheidend und wo stehen wir im Kampf gegen den Fachkräftemangel? Diese Fragen standen bei einer hochkarätigen Podiumsdiskussion im Skyroom des Styria Media Center im Fokus. Die vertretenen Top-Manager, Infineon-Konzernchef Reinhard Ploss, VoestalpineGeneraldirektor Wolfgang Eder, KTM-Lenker Stefan Pierer sowie Karl-Friedrich Stracke, Präsident der Fahrzeugtechnikund EngineeringSparte von Magna Steyr, repräsentieren Unternehmen, die für einige der derzeit spektakulärsten Investitionsimpulse stehen.
Als Standortvorteil wurde von der Runde die Forschungsförderung in Österreich hervorgehoben, diese sei für die forschungsintensiven Unternehmen auch aus dem globalen Blickwinkel positiv hervorzuheben, wurde betont.
Weniger euphorisch fiel der Befund in Sachen Bildungsstandort aus. „Wir laufen Gefahr, zurückzufallen“– mit seiner Warnung vor einer „Negativspirale“blieb Eder an diesem Abend nicht alleine. Auch Pierer mahnte zu mehr Achtsamkeit und höherem Reformtempo in Bezug auf die Absicherung des heimischen Wirtschaftsstandorts gerade im Hightech-Bereich. Bei der dafür wichtigen Grundlagenforschung schaue es in Österreich im Vergleich zur Schweiz jedoch „traurig aus“, so Christian Keuschnigg in seinem Eingangsreferat. Der in St. Gallen lehrende Ökonom sieht auch im Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft noch Potenzial. Es reiche nicht, „an irgendwelchen Einzelknöpfen zu drehen, sondern man muss das Gesamtsystem so aufstellen, dass man in der Zukunft wieder an international führende Bildungssysteme anschließen kann“, so Eder. Sorgen, die Pierer mit einem Vergleich unterstrich: „Wir geben für den universitären Bildungsbereich weniger Geld aus als für die Bundesbahn – und dann wundern wir uns, dass wir die Leute nicht haben.“
Aktuell werde die Lücke bei den Facharbeitern durch die Betriebe selbst gestopft. Interne Ausbildungsund Weiterbildungsprogramme seien „zwar mühsam, aber machbar“(Eder).
Und von Erfolg gekrönt, wie das Beispiel Magna Steyr zeigt. Am Standort Graz wurde zuletzt zusammen mit dem AMS der sprunghafte Mitarbeiterbedarf mittels umfangreicher Anwerbeinitiative gedeckt. „Es gab 35.000 Bewerber, wir haben nach 13.000 Interviews schließlich 3000 neue Mitarbeiter eingestellt“, berichtet Magna-Ma-
nager Stracke. Leicht sei es nicht, weil der regionale Facharbeitermarkt weitgehend „abgegrast ist“. Die duale Ausbildung in Österreich wurde dabei – trotz schwieriger gewordener Suche nach Lehrlingen – als wichtiger Standortfaktor unterstrichen.
Infineon-Vorstandschef Ploss erwartet, „dass der Bedarf an Technologie-Spezialisten in der Wirtschaft in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird“. Fortbildung sei daher unerlässlich, vor allem in den Bereichen „digitales Lernen, agiles Arbeiten und Kollaborationstechniken“. Die Begeisterung für handwerkliche Berufe und technische Fächer in der Schule sei vielfach jedoch nicht entsprechend ausgeprägt. Ganz im Gegensatz zu Asien, wo Ploss zudem ein größeres Vertrauen in sich und die eigene Gestaltungskraft für wirtschaftlichen Erfolg erkannt haben will. „In Europa bricht dagegen oft die depressive Ader durch und es gibt eine wenig einheitliche Vorgehensweise, die in Asien als langsam und nachdenklich wahrgenommen wird.“
Stefan Pierer, in Indien seit zehn Jahren geschäftlich aktiv, bestätigte dieses „mentale Problem“in Europa: „Wir müssten uns jedoch nicht verstecken, die anderen kochen auch nur mit Wasser – aber wir bürokratisieren uns zu Tode.“