Ein Container für eine fragwürdige Vergangenheit
Yoshinori Niwa sammelt auf dem Grazer Hauptplatz Relikte aus der NS-Zeit in einem schwarzen Container.
Person & Buch
geboren am 31. Juli 1940, studierte Musikwissenschaft, Theologie, arbeitete als Psychologe und lebt als Schriftsteller in München.
Am 25. Sept., 19.30 Uhr, liest Frido Mann in der Buchhandlung Moser aus seinem Buch „Das Weiße Haus des Exils“(S. Fischer, 204 Seiten, 20,60 Euro). Es ist bisher die einzige Österreich-Lesung.
Auf dem Grazer Hauptplatz steht seit gestern ein schwarzer Container, der äußerlich einer Altkleidersammelstelle gleicht. Sein Zweck ist ungleich brisanter, verrät eine Aufschrift: „Sie sind gequält von der Uniform Ihres Nazi-Onkels, die immer noch auf dem Dachboden liegt? Wohin damit?, fragen Sie sich? Verkaufen zu peinlich, Verbrennen zu schmerzhaft? Dann habe ich DIE Lösung für Sie!“Der in Wien lebende japanische Performance-, Videound Installationskünstler Yoshinori Niwa (36) hat sich für den steirischen herbst eine Entsorgungsaktion für ungeliebte Erinnerungsstücke einfallen lassen. „Fragwürdige Vergangenheit? Einfach weg damit!“, ist zu lesen.
Inmitten des normalen Werktags-Treibens zwischen Verkaufsständen und Straßenbahn-Haltestelle nimmt sich der Container als Fremdkörper aus. Ist er denn überhaupt bereits verwendet worden? „Oh ja“, versichert die freundliche Betreuerin, doch nur ungern gibt sie detaillierter Aus- kunft. Uniformkappen habe sie in der Containerklappe verschwinden sehen, auch eine Kassette mit Swastika sei eingeworfen worden. Doch eigentlich sollte hier strengste Anonymität gewahrt werden. Die entsorgten Objekte werden weder dokumentiert noch ausgestellt, nicht einmal zahlenmäßig erfasst, sondern unter Aufsicht geschreddert, so das Konzept des Künstlers. Wie viel historischer Ballast hier bis 14. Oktober ein- bzw. abgeworfen wird, soll ein Geheimnis bleiben. Wer möchte, kann sich aber am zweiten Teil des „Withdrawing Adolf Hitler from a Private Space“genannten Projekts beteiligen:
Wer über seine NS-Relikte und ihre Geschichte reden möchte, kann sich für eine Video-Dokumentation melden (Kontakt: 0664/884 145 50), die ebenfalls von Yoshinori Niwa vorbereitet wird. „Natürlich können Sie im Video anonym bleiben und Ihre Privatsphäre wird entsprechend respektiert“, heißt es in der Projektbeschreibung.