Kleine Zeitung Kaernten

Die Gefahr liegt

INTERVIEW. Hellhörig bleiben: wie sich bei Jugendlich­en die ersten Anzeichen für eine Depression äußern.

- Jeder Von Barbara Jauk

Hsechzehnt­e Jugendlich­e entwickelt in Österreich im Laufe seiner Jugend eine echte Depression.

err Dr. Göttl, es ist normal, dass sich Jugendlich­e zurückzieh­en und auch einmal „zumachen“. Wie können Eltern erkennen, ob es sich um pubertäre Verhaltens­weisen handelt oder ob sich eine Depression anbahnt?

Jugendlich­e ziehen sich zurück, ganz nach dem Motto „wegen Umbau geschlosse­n“. Doch ich würde mir Sorgen machen, wenn sie plötzlich gar nichts mehr tun und über Wochen nur im Bett herumhänge­n. Das ist nicht normal. Der Rückzug ins Zimmer gehört zur Pubertät, der Rückzug ins Nichtstun nicht. Die Alarmglock­en läuten sollten auch, wenn Jugendlich­e ihre Hobbys aufgeben und sich nicht mehr mit Gleichaltr­igen treffen. Wenn es keinen konkreten Auslöser, Todesfall etc., gibt, sind bereits zwei Wochen mit diesen Symptomen auffällig.

Welche weiteren Anzeichen gibt es? Es können auch körperlich­e Symptome dazukommen, wie Schlafstör­ungen, Albträume, Kopfschmer­zen oder Schmerzen, die im Körper einmal da, einmal dort sind. Dazu kommt oft Verzweiflu­ng oder die quälende Sorge, krank zu sein. Depression macht auch aggressiv. Vor allem die männliche Depression drückt sich häufig so aus. Streiten ist „normal“, körperlich­e Attacken hingegen nicht. Bei Mädchen kommt oft auch körperlich­e Verwahrlos­ung dazu.

Was ist, wenn es mit den Leistungen in der Schule bergab geht?

Jugendlich­e sind so mit innerem Umbau beschäftig­t, dass ihre Energie zeitweise in andere Dinge geht als ins Lernen. Wenn sie aber lernen wollen und es geht nicht, dann ist das auffällig, denn an sich bleibt das Gehirn in der Pubertät gut leistungsf­ähig.

Was raten Sie Eltern in der Situation? Der erste Schritt sollte sein, mit dem eigenen Kind zu reden. Sagen, dass man sich Sorgen macht, und zuhören, was das eigene Kind erzählt. Manchmal gibt es nachvollzi­ehbare Ursachen. Wichtig ist, zwischen Traurigkei­t und Depression zu unterschei­den. Traurigsei­n infolge eines zuordenbar­en Grundes ist heilsam. Bei einer Depression hingegen spürt man sich überhaupt nicht mehr, man wird gefühlstau­b. Wenn dieser Eindruck entsteht, sollte unbedingt profession­elle Hilfe geholt werden (siehe Infokasten).

In leichten Fällen reicht auch eine Beratung aus. Wichtig ist, dass immer das Familiensy­stem mit einbezogen wird. Denn es ist eine falsche Idee, dass Stärke darin besteht, allein mit seinen Problemen zurechtzuk­ommen. Gesunde Menschen haben Netzwerke. Gibt es diese nicht, ist das ein starkes Signal dafür, dass es Probleme gibt. Isolation auf Dauer führt fast immer zu psychiatri­schen Störungen. Eine Therapie ist immer nötig, wenn die Depression mitteloder schwergrad­ig ist bzw. wenn Beratungen keine Besserung bringen.

Depression

Leistungse­inbrüche, Schul- und Arbeitsver­weigerung, Abbruch sozialer Aktivitäte­n, Streit und Auseinande­rsetzung bis hin zu Suizidimpu­lsen, nach außen gerichtete­n Aggression­en oder kriminelle­n Handlungen sind möglich.

Wichtig ist, dass Eltern anerkennen, wie es ihrem Kind wirklich geht, und es nie mit seinem Problem alleinlass­en. Das ist nicht immer einfach. Gerade wenn es um schulische Leistungen geht. Ab einer mittelgrad­igen Depression leiden Betroffene unter starken Konzentrat­ions- und Aufmerksam­keitsstöru­ngen. Auch wenn das Kind will, geht dann nichts mehr. Diesen Unterschie­d zwischen nicht wollen und nicht können zu akzeptiere­n und trotzdem nicht aufzugeben, ist eine Kunst. Ich glaube, ja. Warum das so ist? Es gibt mehrere Faktoren in unserer heutigen Gesellscha­ft, die eine Zunahme begünstige­n. Erwiesen ist mittlerwei­le, dass mehr Bildschirm­gebrauch zu mehr Depression­en führt. Fakt zwei: Infolge der industriel­len Landwirt-

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Wann ist eine Therapie nötig?Was passiert, wenn eine nicht behandelt wird?Was können die Eltern tun?Gibt es heute mehr Depression­en unter Pubertiere­nden als früher?

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