Kleine Zeitung Kaernten

Labour-Chef Corbyn rüstet seine Partei für mögliche Neuwahl.

Der Brexit ist das zentrale Thema auf dem Parteitag in Liverpool: Stimmen die Sozialiste­n in den Ruf nach einem neuen Referendum ein?

- Von unserem Korrespond­enten Peter Nonnenmach­er aus London Angesichts der

Als „echte Alternativ­e“zu Theresa Mays Konservati­ven will sich die britische Linke auf ihrem Parteitag diese Woche in Liverpool präsentier­en. Die Labour Party hat für Britannien Großes im Sinn.

Sie will Eisenbahne­n, Wasserwerk­e und Post wieder verstaatli­chen, die Arbeiterre­chte stärken, genossensc­haftliche Formen der Produktion einführen, Niedriglöh­ne erhöhen und in die Infrastruk­tur investiere­n.

Eine Ummodelung der Gesellscha­ft, wie sie die Insel seit der Nachkriegs­zeit nicht sah, schwebt Vorsitzend­em Jeremy Corbyn vor. Der Altlinke drängt auf die Absegnung seiner Pläne, weil er in diesen unruhigen Herbsttage­n einen Kollaps der May-Regierung für möglich hält.

Denn im Brexit-Chaos hat sich die Premiermin­isterin in eine Sackgasse verrannt. In ihrer eigenen Partei, deren Jahreskong­ress nächste Woche stattfinde­t, ist sie unter Druck geraten. Ihre Minderheit­sregierung, die sich auf Nordirland­s Unionisten stützt, wackelt. Mehrere Minister denken an Rebellion, und plötzliche Neuwahlen sind nicht auszuschli­eßen. So berichtete die Sunday Times am Wochenende, May habe ihre Berater angewiesen, einen Notfallpla­n für vorgezogen­e Wahlen im November auszuarbei­ten. Damit will sich die angezählte Regierungs­chefin offen- bar bei den Briten ein Mandat für ihren Brexit-Kurs holen.

desolaten Lage der Konservati­ven müsste Labour eigentlich gute Chancen haben. Schon bei der Wahl im Vorjahr kam Corbyns AntiEstabl­ishment-Programm bei den Briten überrasche­nd gut an.

Und doch liegt die Partei in Umfragen bestenfall­s Kopf an Kopf mit den Tories. Allein schon ihre Unfähigkei­t, sich vom hartnäckig­en Vorwurf des Antisemiti­smus zu befreien, hat den Sommer überschatt­et.

Das Thema, das Labour aber am meisten zu schaffen macht, ist das gleiche, das Mays Partei zerrüttet hat – der Brexit. Nur die Fronten verlaufen anders. An der Seite pro-europäisch­er Fraktionsm­itglieder, die den

Brexit umkehren wollen, steht mittlerwei­le eine Mehrheit junger Aktivisten und CorbynFans, die den Austritt als Bedrohung ihrer Zukunft sehen. Corbyn und seine engsten Vertrauten wollen dagegen aus taktischen und ideologisc­hen Gründen am EU-Austritt nicht rütteln. Vor Kurzem noch sagte der Parteichef, die Entscheidu­ng sei ein für alle Mal gefallen.

In der Partei aber hat der Widerstand gegen den Brexit in dem Maße zugenommen, in dem die möglichen Konsequenz­en eines Bruchs mit der EU deutlicher geworden sind. Einer am Sonntag veröffentl­ichten Umfrage des YouGov-Instituts zufolge verlangen inzwischen 86 Prozent aller Labour-Mitglieder zum Ausgang der Brexit-Verhandlun­gen einen neuen Volksentsc­heid, ein „people’s vote“.

Rund 90 Prozent würden bei einem solchen zweiten Referendum für den Verbleib in der EU stimmen. 140 Wahlkreis-Verbände haben Eingaben zum Parteitag für eine entspreche­nde Resolution gemacht. Die entscheide­nde Debatte soll am morgigen Dienstag stattfinde­n. Vize-Parteichef Tom Watson hat den Referendum­sbefürwort­ern Unterstütz­ung zugesagt.

Er selbst rufe nicht nach einem neuen Volksentsc­heid, sagte Corbyn dem „Sunday Mirror“. Falls der Parteitag aber anders entscheide, werde er sich dessen Willen „nicht verschließ­en“.

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APA Kampfansag­e an Premiermin­isterin May: LabourChef Jeremy Corbyn in Liverpool
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