Roter Unmut gegen die Spitze
Die SPÖ kommt nicht zur Ruhe. Mit wenig schmeichelhaften Formulierungen begehren Steirer und Wiener gegen die Rochaden auf und fordern Mitsprache.
In der SPÖ rumort es nach der Neuaufstellung an der Parteispitze gewaltig. Man fühlt sich erinnert an die alte ÖVP. Personell vollzog die neue Chefin Pamela Rendi-Wagner einen Schnitt mit der Vergangenheit, den Unmut konnte sie – bisher – nicht einfangen. Ein gelungener Neustart mit Aufbruchsstimmung sieht anders aus.
Während in Wien Bürgermeister Michael Ludwig die Phalanx der Unzufriedenen anführt und das Unbehagen in diplomatische Formulierungen kleidet, begehrt in der steirischen SPÖ die Basis auf. Sie ist vor allem über das Wie der Demontage von Max Lercher als Bundesgeschäftsführer verärgert.
Die Obersteirerin Michaela Grubesa, die auch dem SPÖ-Bundesparteivorstand angehört, fährt auf Facebook schwere Geschütze gegen LercherNachfolger Thomas Drozda auf. „Mit großem Unverständnis blicken wir in eine ursprünglich progressive, junge Löwelstraße“, schreibt die 29-jährige Bad Ausseerin. Statt Lercher arbeite „heute dort jemand, der jedes große Shakespeare-Zitat in fünf verschiedenen Sprachen auswendig kennt. Ein Akademiker im Anzug.“Warum Drozda „einen Steirer in Jeans und Hoodie, der den Portier mit ,meine Verehrung‘ grüßt, ersetzen soll“, könne der Großteil der Partei nicht verstehen.
Und an Drozdas Adresse gerichtet: „Mit Verlaub, Thomas: Du bist ein Bobo! Gewünscht hätten wir uns jemanden, mit dem wir gern im Fußballstadion ein paar Bier kippen oder Eisstock schießen gehen würden.“Drozda wollte die Kritik nicht kommentieren. Lercher selbst rief zur Besonnenheit auf. „Was wir jetzt brauchen, ist Geschlossenheit und Zusammenhalt, brennende Herzen und kühle Köpfe – mehr denn je“, schrieb er auf Facebook.
Diplomatischer, aber nicht minder deutlich hat sich Ludwig zu Wort gemeldet. Im Interview in „Heute“lässt er seinem Unmut gegen die Rochaden freien Lauf: „Da kommt keine Jubelstim mung auf, nicht nur bei mir“, meinte Ludwig. Rendi-Wagner sei „sehr sympathisch, telegen, kompetent, jetzt muss sie auch auf die Leute zugehen“. Die Wiener SPÖ sei als „loyale Organisation“bekannt, „aber wir wollen auch etwas“. Dem Vernehmen nach wollen die Länder doch noch eine „Teamlösung“für die Spitze durchsetzen, wie immer die ausschaut.
Steirer und Niederösterreicher wollen bei Entscheidungen künftig jedenfalls mitreden. Morgen wird sich Rendi-Wagner beim Parteitag in Niederösterreich zu Wort
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