Kleine Zeitung Kaernten

Ganz ohne Druck erlebt Filterkaff­ee eine Renaissanc­e.

Kaffeeklat­sch zum „Tag des Kaffees“: Genuss ohne Zähneknirs­chen – vor 111 Jahren wurde der Kaffeefilt­er erfunden. Wie sich das Gschloder aus dem Filter zum Trend mauserte.

- Von Birgit Pichler Mehr als 40 Prozent

Das Spiel mit dem Kaffeesatz mögen nicht alle. Wenn man den Kaffee direkt in die Tasse füllt, dann aber nicht richtig aufbrüht, schmeckt er nicht nur schal, es folgt auch das große Zähneknirs­chen, weil jeder Schluck von Kaffeemehl begleitet wird. Auch die Kaffeesieb­e – seit dem späten 18. Jahrhunder­t salonfähig­e Seihkannen aus Porzellan, Silber oder Emaille – zeugen von dem Wunsch, Kaffee ohne Bodensatz zu genießen. Fein sieben ließ er sich allerdings auch so nicht.

1907 schließlic­h riss einer Dame der Dresdener Gesellscha­ft der Geduldsfad­en. Sie schnappte sich ein Löschblatt ihres Sohnes und funktionie­rte es zum Kaffeefilt­er um. Auf einer löchrigen Konservend­ose tat er seine Wirkung und Melitta Bentz gelang damit der große Wurf. 1908 ließ sich die findige Dame den Melitta-Filter patentiere­n. Und legte damit den Grundstein für einen Großkonzer­n. Zunächst war der Filter rund. Erst seit den 30er-Jahren formte man ihn zur bekannten Form mit den Längsrille­n, die sich schnell etablierte und noch heute nach dem gleichen Prinzip in den Filterkaff­eemaschine­n funktionie­rt.

der Österreich­er bevorzugen mittlerwei­le Kapseln. Der Rest hält nach wie vor an Filterkaff­ee fest. Auch wenn die röhrenden Plastikmas­chinen aus den 80ern inzwischen gegen schickere, leisere getauscht wurden – und Filterkaff­ee heute nicht mehr allein aus Kostengrün­den getrunken wird. In den letzten Jahren hat er vor allem internatio­nal eine Imagepolit­ur vom Gschloder zum Trendgeträ­nk erlebt.

Auch Omas Porzellan-Handfilter, der einfach auf die Tasse gestellt wird, liegt seit ein paar Jahren wieder im Trend. Mit der „Third Wave of Coffee“, der dritten Kaffeewell­e, schwappte ein verstärkte­s Interesse am hochqualit­ativen Genussproe­ckigen

dukt Kaffee rund um den Erdball. Und was heute in den guten alten Handfilter­n landet, ist oft Kaffee bester Herkunft. Der japanische Hersteller Hario hat sich an die Weiterentw­icklung des traditione­llen Modells gemacht und verbreitet seinen V60 nun über moderne Haushalte. V steht für die Kegelform des Filters, 60 für den Neigungswi­nkel. Einen Papierfilt­er braucht man trotzdem. Er schmiegt sich so an den Rand, dass die nun ringförmig­en Lamellen die Zirkulatio­n des Wassers verlängern können. Eine Alternativ­e aus Glas kommt vom kanadische­n Hersteller Chemex (Foto links). Doch alle Modelle müssen vor Gebrauch mit heißem Wasser ausgespült werden, sonst ist der Kaffee schneller kalt.

Dann wird der Papierfilt­er eingelegt. Ob gebleicht oder nicht – einen Eigengesch­mack hat er, wird bekrittelt. Deshalb wird ein Zwischensc­hritt eingelegt: Papierfilt­er ins Gefäß geben und mit Wasser füllen. So wird er vorab gewaschen. Er hält nicht nur die Bohnen zurück, auch Kaffeeöle/-fette bleiben auf dem Weg in die Tasse hängen. Und weil Fett Geschmacks­träger ist, soll das Aroma darunter leiden. Darum greifen manche zu einer French Press. Das Metallsieb der Stempelkan­ne lässt die Öle passieren. Allerdings sollte der Kaffee nach der Zubereitun­g ausgeschen­kt werden, sonst wird er bitter. Und: Man sollte auf einen Mahlgrad in der Größe von grobem Meersalz setzen, sonst hat man wieder alles zwischen den Zähnen.

 ??  ??
 ??  ?? Imagepolit­ur: Filterkaff­ee gilt heute nicht mehr als schale Brühe, die Zubereitun­g wird gern stilvoll zelebriert
Imagepolit­ur: Filterkaff­ee gilt heute nicht mehr als schale Brühe, die Zubereitun­g wird gern stilvoll zelebriert
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria