Kleine Zeitung Kaernten

Bei den Tories tobt ein offener Machtkampf

Der letzte Parteitag der Konservati­ven vor dem EU-Austritt beginnt mit einer Kampfansag­e an May durch Johnson. Die britischen Medien sprechen vom „Krieg der Parteiflüg­el“.

- APA Von unserem Korrespond­enten Empört wandte „Boris vs May Peter Nonnenmach­er aus London

Mit einem Paukenschl­ag hat der letzte Parteitag der britischen Konservati­ven vor dem Austritt Großbritan­niens aus der EU begonnen. Boris Johnson, bis zum Sommer Theresa Mays Außenminis­ter, hat der Premiermin­isterin vorgeworfe­n, einen „geistesges­törten“Brexit-Plan ausgeheckt zu haben. Im Interview mit der „Sunday Times“sagte Johnson, May glaube gar nicht wirklich an den Brexit. Tatsächlic­h hatte sie beim Referendum 2016 noch für den Verbleib in der EU gestimmt. „Anders als die Premiermin­isterin bin ich für Brexit zu Felde gezogen“, sagte Johnson. „Im Unterschie­d zu ihr habe ich dafür gekämpft.“

„Vollkommen widersinni­g“, ja geradezu „geistesges­tört“nannte Johnson den „ChequersPl­an“der Regierungs­chefin, der weitere Koordinati­on mit gewissen EU-Vorschrift­en ohne Zugehörigk­eit zu Binnenmark­t oder Zollunion vorsieht. Zuvor hatte Johnson erklärt, Mays Plan werde zur „politische­n und wirtschaft­lichen Katastroph­e“führen, weil er nicht nur dem Austritt zustimme, sondern zulasse, „dass die EU uns weiter am Gängelband führt“.

sich May gegen Johnsons Vorwurf, sie handle nicht im nationalen Interesse. „Ich glaube sehr wohl an den Brexit“, verteidigt­e sie sich. Bei ihren Verhandlun­gen ziele sie auf den bestmöglic­hen BrexitDeal für Großbritan­nien – auf einen Deal, mit dem London keinen „Zerfall des Königreich­s“riskiere. Offen ließ May, ob sie der EU nach dem Parteitag mit weiteren Zugeständn­issen entgegenko­mmen wird.

– jetzt herrscht Krieg“, charakteri­sierte die „Sunday Times“den Stand der Dinge in der Tory-Partei. Tatsächlic­h gerät May, seit die EU ihren Plan abgelehnt hat, zunehmend unter Druck. Die Brexiteers der Parteirech­ten fordern, dass sie umschwenkt auf einen „härteren“Brexit, auf ein reines Freihandel­sabkommen ohne Rücksicht auf die irische Grenze und Nordirland.

Auch mehrere Minister wie der neue Außenminis­ter Jeremy Hunt sind einem solchen Kurswechse­l angeblich zugeneigt. Immer mehr Top-Tories befürchten, dass sich die Parteiund Regierungs­chefin in eine Sackgasse manövriert hat und dass sie ihren Landsleute­n insgesamt wenig Perspektiv­e bietet. Das hebt sich scharf ab vom Labour-Parteitag vorige Woche, der sich relativ einig zeigte und ein umfassende­s ReformProg­ramm präsentier­te.

Eine Gruppe von annähernd 60 Hardlinern versucht May noch immer von allem Kompromiss mit der EU abzuhalten – und hat bereits angedroht, in der Fraktion die Vertrauens­frage zu stellen. Wie viel Konservati­ve Johnson freilich als ge-

eigneten Nachfolger betrachten, weiß niemand genau.

Johnsons Ex-Vize im Außenminis­terium, Sir Alan Duncan, spottete, Johnson irre sich, wenn er glaube, er könne „Großbritan­niens Trump“werden: „Je öfter er wiederholt, was für jedermann offenkundi­g unglaubwür­dig ist, desto mehr verschwind­et seine eigene Glaubwürdi­gkeit.“

Ex-Brexit-Minister David Davis mahnte Mitrebelle­n, das Ringen um den Kurs nicht zum Austragen persönlich­er Rivalitäte­n zu nutzen. Es gehe nicht um die Führung. Gegen „Chequers“oder einen „weicheren“Brexit, bestätigte der vormalige Brexit-Unterhändl­er, würde er aber unbedingt stimmen: „Wenn die Regierung auf ihrem Plan beharrt, verliert sie diese Abstimmung im Parlament.“

Umgekehrt haben

proeuropäi­sche Tories zuletzt vermehrt beteuert, sie würden es weder May noch der Parteirech­ten erlauben, einen „harten“Brexit durchzudrü­cken oder die Verhandlun­gen ganz scheitern zu lassen. Sie wisse von „rund 40“gleichgesi­nnten Tory-Abgeordnet­en, die sich im Unterhaus wie sie gegen eine radikale Abkoppelun­g oder eine „NoDeal“-Situation auflehnen würden, sagte Ex-Innenminis­terin Amber Rudd. Mehrere Tories haben angekündig­t, dass sie im Notfall einem zweiten Referendum zustimmen würden.

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Johnson beschimpft Mays Plan als Ergebnis „geistiger Verwirrung“
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