Chapeau, Josef Winkler!
Heute wird im Bundeskanzleramt Florjan Lipuˇs der Große Österreichische Staatspreis für Literatur verliehen, was er der Hartnäckigkeit und Kollegialität Josef Winklers zu verdanken hat. Der Büchnerpreisträger Winkler nennt Lipuˇs den „eigentlichen und ersten Kärntner Schriftsteller slowenischer Sprache“. Und mit der slowenischen Sprache fangen die Schwierigkeiten an. Winkler, der so etwas wie das literarische Gewissen der Nation ist, seine aufrüttelnden Reden rund um den Kärntner Hypo-Skandal sind Legende, ist nicht zum ersten Mal der Initiator von Bepreisungen seines Kollegen. Im Jahr 2013 hat er dafür gesorgt, dass Lipuˇs als erstem nichtdeutschsprachigen, aber österreichischen Schriftsteller der Grazer Franz-Nabl-Preis verliehen wurde. Seit damals sehen die Statuten – nach Winklers Intervention – vor, dass der Preis auch einem Autor verliehen werden kann, der „beispielhaft die sprachliche Vielfalt Österreichs repräsentiert und damit in einen europäischen Literaturkontext zu bringen ist“.
Wien im Jahr 2017 war offensichtlich weniger weltoffen als Graz. Als Winkler wiederum den „ersten Schriftsteller“für den Großen Österreichischen Staatspreis nominierte, den der Kunstsenat im Bundeskanzleramt vergibt, waren dem Vernehmen nach zwei Mitglieder desselben mit dem skandalösen Argument, Lipuˇs schreibe nicht deutsch, gegen die ehrenvolle Bepreisung.
N un sind die Mitglieder des Kunstsenats keine unterbelichteten Zeitgenossen, sondern einundzwanzig Träger eben des Staatspreises und sollte man davon ausgehen können, dass sie zumindest ein bisschen in der Geschichte und Tradition Österreichs bewandert sind. Die zwei Lipuˇs-Gegner waren es offensichtlich nicht. Mittlerweile dürfte ihnen jemand in einer ruhigen Minute erklärt haben, was das habsburgische Erbe bedeutet und dass die österreichische Literatur nicht nur aus der deutschsprachigen besteht, sondern noch aus jener, die Slowenen, Kroaten, Tschechen, Slowaken, Ungarn, Sinti und Roma schreiben.
Ein Jahr später hat Winkler nämlich Lipuˇs doch für die große Ehre durchgesetzt.
„Wien ist im Jahr 2017 offensichtlich weniger weltoffen gewesen als Graz.“