Der Mann von der längsten Bank
INTERVIEW. Seit unfassbaren 22 Jahren ist Trainer Arno Del Curto (62) bei Davos im Amt. Er sagt, er war von Eishockey besessen. Wie muss man für diesen Job ticken?
In der Welt des Profi-Sports ist die Halbwertszeit eines Trainers äußerst gering. Stört sie das, wenn bei so langen Amtsperioden Ihr Name in einem Atemzug mit Arsene Wenger oder Alex Ferguson genannt wird?
Bitte nicht. Vieles hat wirklich fantastisch funktioniert. Aber es gibt auch Momente, wo ich mir sage: „Das war jetzt zu lange.“
Sie absolvieren Ihre 23. Saison beim Schweizer Eishockey-Erstligisten und Traditionsklub HC Davos. Was ist außergewöhnlicher: Ein Klub behält so lange einen Trainer oder dass ein Trainer so lange bei einem Klub bleibt? Keine Ahnung. Aber man behält fast jede Saison in Erinnerung und das ist schön.
Gibt es so etwas wie ein unsichtbares Band zwischen Davos und Arno Del Curto?
Keine Ahnung.
Jeder braucht doch irgendwann einen Tapetenwechsel. Wie motivieren Sie sich zu bleiben? Der liebe Gott hat es mir in die Wiege gelegt – ich bin immer motiviert. Und enthusiastisch und probiere etwas zu ändern. Wenn das wegfällt, und das kann plötzlich sein, dann höre ich sofort auf.
Verspüren Sie auch irgendwann Gegenwind oder kauft Ihnen die Mannschaft alles ab, was sie Ihnen erzählen?
Bis vor einigen Jahren war das der Fall. Jetzt wird es schwieriger und man spürt auch Gegenwind.
Wie hat sich das entwickelt? Die Welt ist anders geworden. Wenn ich früher meine Freundin nicht mehr wollte, musste ich mich tagelang vorbereiten. Vor dem Gespräch hatte ich die Hosen voll und hab dann vielleicht sogar eine gefangen. Heute, im digitalen Zeitalter, schickst du eine SMS und die Sache ist erledigt. Insofern verändert das den Menschen.
Warum sind Sie gelandet?
Ich könnte 20 oder vielleicht 50 Sachen aufzählen. Intensität, Kreativität, Teamgedanke, Leidenschaft, Spaß, Enthusiasmus – wie lange haben Sie Zeit?
beim
Eishockey
Was fasziniert Sie so an diesem Job?
Es ist tatsächlich faszinierend, mit Jungen zu arbeiten und von ihnen für das Leben zu lernen. So bleibt man im Kopf selbst jung. Manchmal aber ist es nur durchschnittlich faszinierend und manchmal kann es ein Riesen-Sch... sein.
Was braucht es, um so lange in diesem Geschäft zu arbeiten? Besessenheit womöglich?
Beim Start in diesen Job sollst du besessen sein. Aber nicht zu lange. Wenn du das ganze übersiehst, beginnst du Fehler zu machen. Da fehlt dann Weitsicht und Lockerheit, weil man sich immer auf 100 bewegt. Für eine Mannschaft ist es hart, das zu ertragen. Die frühere Generation hat das locker verkraftet. Aber irgendwann kommt die Veränderung. Und 2018 ist nicht mehr wie 2002. Arno Del Curto hat seine eigene Meinung zum Eishockey
Schweiz, aber auch Deutschland und Österreich sind insgesamt wohlhabende Länder. Teilweise herrscht Social-Media-Sucht, man sitzt nicht mehr so wie früher an einem Tisch und spricht über Eishockey – diese Dinge verändern vieles. Dementsprechend wird das Führungsverhalten anders. Man muss sich immer wieder neu erfinden.
Handy-Verbot bei Davos? Nein. Ich verlange von den Spielern viel und muss daher nicht noch militärisch auftreten. Wenn jemand zu spät kommt, ist das nicht entscheidend. Wenn jemand Blödsinn gemacht hat, gibt es eine Aussprache. Und fünf Minuten später ist wieder alles vergessen.
Und wie gehen Sie mit moderner Technik um?
Vor 17, 18 Jahren war ich strikt gegen Handys. Bei Transfers geht es nicht mehr anders. Vor zwei, drei Jahren habe ich mich ertappt, dass ich gleichzeitig Champions League und NHL geschaut habe, am PC habe ich Poker gespielt und dann erhielt ich noch einen Anruf. Dann habe ich mir gesagt: Du bist ja völlig beklopft, wie alle anderen auch.
Wie
Ich habe immer wieder Bücher
haben
Sie
sich
fortgebildet?
Zur Person
23. Juli 1956 in
St. Moritz (SUI) verheiratet, zwei Kinder aufgrund einer schweren Verletzung musste er seine Spielerkarriere mit 21 Jahren beenden, seit 1982 als Trainer tätig
Küsnacht, Herisau, ZSC, Luzern und seit 1996 bei Rekordmeister HC Davos
NLA-Trainer des Jahres (1998, 2002, 2005, 2007), NLAMeister (2002, 2005, 2007, 2009, 2011, 2015), Spengler-CupChampion (2001, 2007, 2012)
gelesen. Wichtig ist, die Psyche zu studieren. Und gelernt habe ich von Fußball, Handball oder American Football. Wenn du für den Job brennst, machst du das alles. Wenn solche Dinge aber zum Zwang werden, ist es falsch und gefährlich.
Geboren:
Familie: Karriere:
Stationen:
Erfolge:
Eine neue Saison hat begonnen. Wie definieren Sie Ziele? Das Ziel kann, könnte, sollte, muss nur eines sein: Die Spieler besser zu machen. Das sollte übrigens immer das Ziel eines Trainers sein. Sonst stimmt etwas nicht. Wenn Sie es konkreter haben wollen: Es wäre schön, das Play-off zu erreichen.
Davos verfolgt ja grundsätzlich eine andere Philosophie als andeInwiefern?