Todeswelle
Nach der Flutkatastrophe in Indonesien ist die Zahl der Toten auf über 1200 gestiegen: Jetzt gerät das Tsunami-Warnsystem in die Schusslinie von Kritikern.
Es gab keine Sirene. Viele Menschen waren sich der Gefahr nicht bewusst“: Klare Worte findet Sutopo Nugroho, Sprecher der indonesischen Katastrophenschutzbehörde. Bei der Tsunami-Katastrophe in Indonesien dürften mehr als tausend Menschen ums Leben gekommen sein – nach der gestrigen Zwischenbilanz der Behörden sind auf der Insel Sulawesi offiziell mindestens 832 Tote zu beklagen. Örtliche sprachen unter Berufung auf die nationale Polizei sogar von über 1200 Todesopfern. In der 350.000-Einwohner-Stadt Palu, die von eineinhalb Meter hohen Wellen getroffen wurde, wurden viele Bewohner offenbar am Strand vom Tsunami überrascht. Gesichert scheint indes, dass auf die hereinbrechende Katastrophe nicht hingewiesen wurde.
Dass das bestehende Tsunami-Frühwarnsystem aus technischer Sicht nicht funktioniert haben soll, will man zumindest seitens des Deutschen Geoforschungszentrums in Potsdam (GFZ) so nicht stehen lassen: Eine Alarmmeldung für das Gebiet war laut GFZ-Sprecher Josef Zens bereits fünf Minuten nach dem Beben im Lagezentrum des Tsunami-Frühwarnsystems eingetroffen. Das System habe eine Warnung für Palu vor einem Tsunami zwischen einem halben und drei Meter Höhe ausgegeben. Der Tsunami habe dann nach 25 Minuten in Sulawesi die Küste getroffen. Die Vermutung sei also, dass „irgendetwas bei der menschlichen Übermittlung der Warnung vor Ort in Sulawesi nicht funktioniert hat“, so das GFZ.
hatten zwar zunächst eine TsunamiWarnung ausgesprochen, diese aber nach einer halben Stunde wieder aufgehoben – entsprechende Sirenen waren nicht zu hören, wie ein Sprecher der Katastrophenschutzbehörde bestätigte. Die frühe Aufhebung widerspricht den Regeln: „Das System sieht vor, dass die Warnung frühestens nach zwei Stunden aufgehoben werden darf“, erläutert Zens vom GFZ.
Der Katastrophenschutz des Landes teilte indes mit, das betroffene Gebiet sei größer als anfangs vermutet. Viele Opfer seien noch unter eingestürzten Gebäuden begraben. Daher
dürfte die Totenzahl weiter zunehmen. Klar ist, dass in der Stadt Palu auch mehrere Ausländer vermisst werden: Unter anderem wurde nach drei Franzosen gesucht. Hinweise, dass Österreicher unter den Opfern sein könnten, gibt es bisher nicht, teilte der Sprecher des Außenministeriums, Markus Guschelbauer, am Sonntag auf Anfrage mit. Im Unterschied zu anderen indonesischen Inseln wie Bali oder Lombok halten sich auf Sulawesi normalerweise verhältnismäßig wenig Touristen auf. Reisenden wurde dringend empfohlen, die lokalen Medien zu verfolgen und Anweisungen örtlicher Sicherheitskräfte Folge zu leisten.
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Frühwarnsystem
arbeitet auf Basis eines Messnetzes und Dutzender seismologischer Stationen. Nach dem verheerenden Tsunami 2004 wurde es im Rahmen der Fluthilfe der bedrohten Region zur Verfügung gestellt.
auf dem Flughafen Mutiara SIS Al-Jufrie in Palu Dienst, als die Erdstöße Sulawesi erschütterten. Der 21-Jährige habe sich geweigert, seinen Posten zu verlassen, bevor nicht gewährleistet war, dass ein startbereites Flugzeug sicher abfliegen konnte, sagte ein Sprecher der Luftsicherheitsbehörde. Der Lotse dürfte im letzten Moment von dem vier Stockwerke hohen Tower gesprungen sein, um sich zu retten. Dabei erlitt er den Angaben zufolge schwere innere Verletzungen, an denen er schließlich verstarb.