Wien gegen Brüssel: Streit um Almflächen geht in nächste Runde.
Kurz nach dem Almabtrieb geht der Almflächenstreit zwischen EU und Österreich wieder los. Dabei geht die Zahl der Almen ohnehin stark zurück.
Es war ein Almsommer wie aus dem Bilderbuch. Dank der Niederschläge zu Beginn des Sommers gab es immer genug Futter für die Almtiere, die auch um bis zu zwei Wochen früher auf die Alm durften. Und durch das schöne Wetter der letzten Wochen wurde die Saison für manche auch bis Ende September verlängert. Mittlerweile sind Kühe, Schafe, Pferde und Co. wieder im Tal.
Eigentlich Grund zur Freude, ginge nicht eine andere Almsache in die Verlängerung – der seit Jahren schwelende Streit
zwischen Wien und Brüssel über die korrekte Vermessung der Almwelt. Kurzer Rückblick: Mit der Digitalisierung der Almflächen gab es für viele Almbauern ab 2011 böse Überraschungen, da ihre Almen oft in der Nutzfläche zurückgestuft wurden (etwa wenn viele Bäume auf der Alm stehen, reduziert das die Futterfläche und damit die Höhe der EU-Förderung). Zusätzlich wurden die Bauern zu Strafzahlungen in Millionenhöhe verdonnert – die jedoch von Österreich revidiert wurden, „weil die Bauern ja nichts dafür konnten, dass früher ungenau vermessen wurde“, wie es hieß.
In Kärnten waren damals rund 200 Bauern betroffen. Seitdem werden die Almen „praktisch jährlich kontrolliert“, sagen Almbauern. Dem EU-Rechnungshof geht das noch immer nicht weit genug. Sein Vertreter Oskar Herics moniert, dass es Österreich nicht geschafft habe, ein verlässliches Mess- und Kontrollsystem einzuführen – was im Ministerium von ElisaKärnten beth Köstinger (ÖVP) umgehend dementiert wurde. Es gebe „Auffassungsunterschiede zur Methode und Genauigkeit“der Almflächenfeststellung. Ähnlich argumentiert die Kärntner Alminspektorin Barbara Kircher: „Die Beanstandungen haben viel bewirkt. Die Flächenangaben sind viel genauer.“
Zudem wird an einem neuen System gearbeitet – 17 Testregionen gibt es österreichweit, zwei davon in Kärnten (Möllund Maltatal sowie Karawanken). „Es geht um eine automatische Flächenberechnung mit Satellitenbildern. Das hätte viele Vorteile“, sagt Josef Obweger, Obmann des Kärntner Almwirtschaftsvereins. Schwierig sei noch, wie man Weideflächen im Wald bewertet. 1850 bewirtschaftete Almen gibt es in – der Rückgang ist weniger stark als in anderen Bundesländern. „Die Viehzahl auf unseren Almen nimmt aber deutlich ab – von 2010 bis 2016 waren es 13 Prozent“, erklärt Obweger.
Manch ein Bauer hat ob des Flächenstreits bereits das Handtuch geworfen, andere haben mit der Viehhaltung aufgehört. Ein weiterer Grund dafür sei laut Kircher und Obweger die Verunsicherung durch den Wolf. Mit jedem Wolfsriss steige die Gefahr, dass weitere Almbauern aufhören. Wie wichtig diese aber für den Erhalt der Kulturlandschaft sind, zeigt folgende Zahl: Ohne Vieh und ohne Pflege holt sich der Wald pro Jahr bis zu fünf Prozent der Almfläche zurück.
Früher haben Bauern Almfläche für ihre Tiere gesucht.
Mittlerweile ist es umgekehrt und auf immer mehr Almen geht die Wiesenfläche zurück, weil zu
wenig Weidevieh unterwegs ist.
Josef Obweger, Almbauer und Obmann des Almwirtschaftsvereins