Neue EU-Migrationspolitik nötig
Kickl will wirklich Schutzbedürftige „sichtbar“machen.
Die Proteste erzwangen eine neue Obduktion: Die kam zum Schluss, dass die Leiche keineswegs wie behauptet sechs Tage, sondern nur zwei bis vier Tage im Wasser gelegen habe. Eigene Recherchen und widersprüchliche Justizbefunde erhärteten die Überzeugung, dass David von mehreren Personen verschleppt, misshandelt, vergewaltigt wurde – sein Mord von der Polizei vertuscht werde.
Ein Untersuchungsausschuss des Teilstaat-Parlaments kam im Juli zum Schluss, dass es begründete Hinweise für einen Mord gebe. Der Abschlussbericht wurde von der Regierungsmehrheit abgelehnt. Begründung: Die Opposition habe den Fall „politisiert“. Die Staatsanwaltschaft kündigte die Aufnahme von Ermittlungen wegen Mordverdachts an – über 100 Tage nach dem Tod von David. Im September kam es zu ersten Verhaftungen. Zwei Polizisten wird die Vernichtung von Beweismitteln vorgeworfen. ie sich die Proteste auf die Wahlen auswirken würden, sei „schwer abzusehen“, sagt Puhalo. Bosniens Eliten bedienten sich stets derselben Rezepte. Mit dem Schüren ethnischer Ängste würden Armut, Kriminalität und Korruption verdrängt. Die Abkehr von der Politik und die Emigration der Unzufriedenen käme ihnen gelegen: „Bei einer niedrigen Wahlbeteiligung geben die Parteikader den Ausschlag: Als Dank für den erhaltenen Job müssen sie wählen.“
Srpska sei der „Privatstaat von Dodik und der Drogenkartelle“, sagt Davor: „Wenn sie das Verbrechen nicht zugeben, werde ich das Recht in die eigene Hand nehmen.“Wieder erheben Demonstranten die Faust. „Gerechtigkeit für unsere Kinder!“, ruft eine Frau: „Wir machen weiter bis zum Ende!“
WZur Eröffnung einer Migrationskonferenz in Wien hat Innenminister Herbert Kickl mehr aktive Gestaltung in der EU-Migrationspolitik gefordert. Dazu gehöre, die „wirklich Schutzbedürftigen“sichtbar zu machen. Es stehe außer Streit, dass jene, die Schutz brauchen, diesen erhalten sollten. Derzeit würden aber, „diejenigen, die sich durchsetzen“, die am „lautesten“und „stärksten“seien, bessere Chancen auf Asyl haben. Paul Collier, britischer Ökonom aus Oxford, erinnerte in Wien daran, dass sich 85 Prozent aller Flüchtlinge weltweit nicht in der EU, sondern in anderen Weltregionen befinden. Diese regionalen „sicheren Häfen“bräuchten mehr Unterstützung und Solidarität seitens Europas. Collier appellierte an „langfristiges Denken“der Politiker. In der Praxis sei dies oft nicht der Fall, weshalb die EU-Migrationspolitik so ein „Durcheinander“sei.