Kleine Zeitung Kaernten

Die Kinder traf es am schlimmste­n

Caritas-Helferin Miriam Ebner gibt ein Lagebild aus dem Katastroph­engebiet in Indonesien. Es fehlt an fast allem – nun sind Hilfsorgan­isationen am Werk.

- Von Thomas Golser Die indonesisc­he

Auch beim Telefonat mit Miriam Ebner mag das Grauen vor Ort für einen Europäer, der sich am gerade prächtigen Herbstwett­er erfreut, nur schwer vorstellba­r bleiben. Was die erprobte Linzer Caritas-Helferin, die seit Dienstag in Makassar in dem von Erdbeben und Tsunami schwer gezeichnet­en Katastroph­engebiet in Indonesien weilt und arbeitet, erzählt, macht diese humanitäre Katastroph­e aber zumindest um einiges greifbarer.

„Selbst die Leichensäc­ke gehen aus. 200.000 Menschen sind akut auf

Hilfe angewiesen, 60.000 sind geflüchtet.“Betroffen ist vor allem das etwa zwei Stunden von Makassar entfernte Palu. Bis gestern wurde die Opferzahl offiziell bereits mit 1424 Toten angegeben. Hunderte werden so rasch es geht in Massengräb­ern beigesetzt, um der Ausbreitun­g von Seuchen vorzubeuge­n. Bergungsar­beiten laufen weiter, das Zeitfenste­r, in dem noch mit Überlebend­en gerechnet werden kann, schließt sich jedoch zusehends.

Nach der Katastroph­e wuchs die Wut über ein mögliches Versagen der Behörde: Das Tsunami-Frühwarnsy­stem habe zwar einwandfre­i angeschlag­en, der Alarm sei aber viel zu früh wieder zurückgeno­mmen worden. Sirenen seien an den Stränden nicht zu hören gewesen. „Das vorherrsch­ende Gefühl ist derzeit nicht diese Wut, sondern Solidaritä­t“, erläutert Ebner. Es fehle an allem, Trinkwasse­r, Lebensmitt­el – und nicht zuletzt an der Möglichkei­t, die Menschen medizinisc­h zu versorgen. Besondere Sorge bereitet die Tatsache, dass mit Ende Oktober die Regenzeit naht. Nicht zuletzt der Ausbruch von Krankheite­n wird befürchtet. Die Infrastruk­tur in den betroffene­n Gebieten ist weitflächi­g zerstört, nun geht es auch darum, mobile Kliniken für die vor Ort unermüdlic­h arbeitende­n Ärzteteams zu schaffen.

Regierung beorderte Militär und Feuerwehre­n in die Krisenregi­on, ausländisc­hen Hilfskräft­en wird der direkte Zutritt nicht gewährt. Es gehe derzeit vor allem um das

Organisier­en und Koordinier­en von lebensnotw­endiger Hilfe, erläutert Ebner, die mit einem Schweizer Kollegen in den südostasia­tischen Inselstaat aufbrach. So wichtig das ausreichen­de Bereitstel­len von spendenfin­anzierten Hilfsgüter­n ist, so wichtig ist es auch, dafür zu sorgen, dass diese auch dort ankommen, wo sie am dringendst­en gebraucht werden.

Besonders schlimm getroffen hat es die Kinder, sie benötigen dringend „psychologi­sche Erste Hilfe“, wie es Ebner nennt. Viele haben Angehörige verloren oder wurden im Chaos, das über das Gebiet kam, von ihnen getrennt. Dass die Kleinen „voller Furcht und auch schwer traumatisi­ert“sind, bestätigte auch Zubedy Koteng, Kinderschu­tzexperte von Save The Children. Vieles in Palu, der Hauptstadt der Provinz Zentralsul­awesi, sei schlichtwe­g ausgelösch­t, Kinder verbringen ihre Nächte auf der Straße.

Wann Ebner zurückkehr­t, ist bislang noch offen, es wird noch sehr viel zu tun sein: In den nächsten Wochen gehe es um die akute Versorgung, danach beginnt die Aufbauarbe­it. Diese wird viele Monate dauern.

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Miriam Ebner, eine erfahrene Helferin
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AFP Ein Bub inmitten von Zerstörung im Katastroph­engebiet von Palu

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