Eine Heimat
INTERVIEW. Was empfinden Menschen, die um die Jahrtausendwende geboren sind, wenn sie über den 10. Oktober nachdenken? Drei Jugendliche im Streitgespräch.
Am 10. Oktober haben Sie schulfrei. Was haben Sie an diesem Tag geplant? Nichts anderes, als an anderen schulfreien Tagen. Vermutlich werde ich mich auf die Matura vorbereiten.
Irgendwas wird mir auch einfallen, bei Feiern werde ich nicht dabei sein.
Am Vormittag gehe ich in die Arbeit und am Nachmittag habe ich frei. Die Feiern in der Gemeinde und mit dem Abwehrkämpferbund gab es ja schon.
Wie kommt es, dass Sie, Natascha, als 19-Jährige an diesen Feiern vor Kriegerdenkmälern teilnehmen?
Heimatstolz! Heimat ist für mich dort, wo ich mich wohlfühle. Das kann auch in einem anderen Land sein, wo ich gerade ein Auslandssemester absolviere.
Für mich hat Heimat viel mit Verbundenheit zu tun, mit dem Ort, mit den Menschen, der Kultur. Für mich ist das Kärnten.
Ihre Elterngeneration hätte in den 1970ern sicher nicht diesen Heimatbegriff wie Sie, Samuel, verwendet. Ist die Ausgrenzung, die Kärntner Slowenen empfanden, vorbei und überwunden?
Ich bin in den 2000erJahren aufgewachsen, ich habe das selbst nie erfahren. Aber natürlich kenne ich die Geschichte. Mein Großvater wurde 1942 mit seiner Familie ausgesiedelt, das hat Narben hinterlassen, auch noch bei meinem Vater. Diese Generation wuchs mit der Volksmeinung auf, das Slowenische sei böse.
Bei der offiziellen Feier des Landes wird mittlerweile in beiden Landessprachen gesprochen.
Was ich nicht verste- he, die offizielle ist Deutsch!
Zweisprachigkeit kann doch nichts Schlechtes sein, ich finde die Kritik daran völlig überzogen.
1920 ging es darum, dass wir zu Österreich gehören wollen. Daher ist es nicht richtig, dass da Slowenisch gesprochen wird.
Ja, und es gab 1920 die Zusage der Kärntner Landesregierung an die Kärntner Slowenen, dass sie in Österreich ihre Kultur leben können. Daher entschieden sich die Menschen – 70 Prozent in der Abstimmungszone A waren Kärntner Slowenen – auch für den Verbleib bei Österreich. Diese Versprechen wurden nicht eingehalten, stattdessen wurde erst dämonisiert, dann assimiliert. Dabei war die Abstimmung 1920 eigentlich ein Bekenntnis zur Zweisprachigkeit.
Ich verstehe
Amtssprache
nicht,
Natascha Kumertz
arbeitet als Büroangestellte und absolviert gerade die Abschlussklasse des Abendgymnasiums in Klagenfurt. Sie lebt in Velden, wo sie auch die zweisprachige Volksschule besuchte. Sie ist Vorstandsmitglied des Rings Freiheitlicher Jugendlicher, ihre Familie prägte sie politisch.
warum die Menschen, wenn sie Deutsch sprechen können, das nicht tun, wenn andere, die sie nicht verstehen, daneben sind. Was meinst du konkret?
Ich war im Landtagswahlkampf in Unterkärnten unterwegs, die Leute haben neben uns Slowenisch gesprochen, da fühlte ich mich ausgegrenzt.
Meinst du nicht, dass du zu weit gehst, wenn du Menschen ihre Muttersprache verbieten willst?