Kleine Zeitung Kaernten

Vom persönlich­en und politische­n Umbruch

Am Freitag startet Nikolaus Leytners sensible, bildgewalt­ige Romanverfi­lmung „Der Trafikant“in den heimischen Kinos. In der Titelrolle überzeugt Simon Morzé.

- Von Julia Schafferho­fer

Am Grund des Attersees fühlt er sich wohl. Oder in der Regentonne des kleinen Häuschens in der Provinz. Als der Geliebte seiner Mutter stirbt und die familiäre Geldquelle versiegt, wird Franz Huchel, genannt Burschi, nach Wien geschickt. In die Fremde. Er soll beim Wiener Trafikante­n Otto Trsnjek in die Lehre gehen. Mitten in der persönlich­en Wende, erste Liebe, erster Hormonraus­ch, braut sich an den Rändern etwas zusammen – ein politische­r Umbruch. Die Bedrohung durch den Nationalso­zialismus, der irgendwann die Atmosphäre kippen lässt und den Alltag mit Gewalt flutet.

Diesen Franz, der vom naiven Jüngling zum widerspens­tigen jungen Mann wird, verkörpert der Wiener Simon Morzé. Er ist erst 22 Jahre jung, doch seine Filmografi­e ist beeindruck­end. Mit zehn Jahren stand der Sohn der Burgtheate­r-Mimin Petra Morzé und des Schauspiel­ers Stefan Matousch erstmals vor der Kamera. In Nikolaus Leytners TV-Drama „Die Entscheida­mals

dung“spielt er ein krebskrank­es Kind. Seit 2009 wirkt er in der ORF-Serie „Schnell ermittelt“mit. In Stephan Richters vielfach prämiertem Drama „Einer von uns“prägte sich sein Spiel als aus dem Häfn Entlassene­r beim Kinopublik­um ein. 2018 räumte er mit dem Ensemble für Katharina Mücksteins „L’Animale“den DiagonaleS­chauspielp­reis ab.

Nun, zwölf Jahre später, hat ihn Leytner wieder verpflicht­et: als Hauptrolle in der Verfilmung von Robert Seethalers Roman „Der Trafikant“. Morzé ist dabei an der Seite von Schauspiel­ern wie Bruno Ganz als Sigmund Freud und Johannes Krisch als humpelndem Trafikante­n mit Haltung zu sehen. „Die Nervosität war schnell weg. Die Kollegen waren sehr unterstütz­end am Set“, sagt der Schauspiel­er.

Morzé trägt im Drama Cordhosen, Käppi und Walkjanker. Er schwärmt von der Ausstattun­g und den Kostümen. „Die ganze Trafik mit den vielen Details – jede Schublade war eine Fundgrube. Das war sehr spannend. Auch die Zeitungen von anzuschaue­n. Ich war jedes Mal baff, wenn ich ein neues Set gesehen habe“, erzählt er. Die Tauchszene­n waren weniger kuschelig. „Die waren arschkalt. Es war Ende Oktober, Anfang November in den Donauauen. In den Pausen hat mich ein Taucher immer mit warmem Wasser abgespritz­t.“

Was ihn an der Schauspiel­erei reizt? „Dass ich nach jedem Projekt in diesen kurzen Zeiträumen unglaublic­h viele Erfahrunge­n gesammelt habe. Das ist jedes Mal unterschie­dlich.“

Am Theater Bronski & Grünberg trat er heuer erstmals als Schauspiel­er in Kleists „Familie Schroffens­tein“auf. Sozialisie­rt mit dem Theater wurde Simon Morzé als Kind. „Wir sind sehr oft im Theater gewesen, das war fasziniere­nd, aber auch verwirrend. Stücke von Shakespear­e oder Kleist versteht man mit acht, neun Jahren nicht so.“Woran er gern zurückdenk­t? „An die Kantine danach. An alle Kollegen und wie lustig das war.“Und daran, „wie meine Mutter durchs Wohnzimmer marschiert ist und ihren Text vorgesproc­hen hat.“

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