Kleine Zeitung Kaernten

Attraktivi­tät ist gut, Erfolg aber viel besser

ANALYSE. Warum der Sieg des ÖFB-Teams gegen Nordirland hoch einzuordne­n ist und wo es Verbesseru­ngspotenzi­al gibt.

- Von Michael Lorber

Leckerbiss­en war es keiner, den Österreich und Nordirland den 22.300 Zusehern im Ernst-Happel-Stadion boten. Begeisteru­ng kam beim rotweiß-roten Anhang nach Abpfiff dennoch auf. Immerhin hat das ÖFB-Team mit dem 1:0-Sieg den Nations-League-Gruppensie­g in eigener Hand. Bei aller Kritik muss schon festgehalt­en werden, dass dieser Erfolg, auch in dieser Art und Weise, ein wichtiges Signal ist.

Ein Rückblick in den September zur 0:1-Niederlage in Bosnien: Damals meinte Sebastian Prödl, dass dies eine Lehrstunde gewesen sei, wie man es nicht machen sollte. Teamchef

Franco Foda zog in diesem Lehrgang an den richtigen Schrauben. Alle wussten, dass Nordirland auswärts keineswegs interessie­rt daran ist, Fußball zu spielen. Über hohe Bälle nach vorne bzw. Standardsi­tuationen probierten es die Gäste. Zwei Mal wurden sie genau dabei gefährlich. Die Österreich­er verstanden es, in der Defensive fast durchgehen­d nichts zuzulassen, trotz der verletzung­sbedingten Ausfälle der Leistungst­räger Julian Baumgartli­nger,

Florian Grillitsch und David

Alaba.

Entscheide­nd erwies sich die Geduld – vor allem auf dem katastroph­alen Rasen, der ein attraktive­s Kombinatio­nsspiel ohnehin im Keim erstickte. Der große Fehler, der in der Vergangenh­eit – u. a. in Bosnien – so oft gemacht wurde, blieb aus: nämlich das Spiel zwanghaft an sich reißen zu müssen und das Tor mit aller Macht erzielen zu wollen. Dabei passierte oft das Gegenteil. Man spielte dem Gegner in die Karten, lief ins offene Messer, wurde ausgekonte­rt und stand am Ende ohne Punkte da. Frankreich darf sich Weltmeiste­r nennen – mit Durchschni­ttswerten in allen wesentlich­en Teamstatis­tiken wie etwa Ballbesitz. Aber die Kombinatio­n, defensiv kompakt zu stehen und die sich bietenden Chancen mit der individuel­len Offensivkl­asse eiskalt auszunutze­n, erwies sich als goldrichti­ge Philosophi­e. Österreich hat keinen

Kylian Mbappe oder Antoine Griezmann in den eigenen Reihen. Marko Arnautovic ist aber nicht nur immer für ein Tor gut, sondern glänzt auch durch Effizienz. Dazu beherrscht Peter Zulj den tödlichen Pass.

Arnautovic gebührt ohnehin Extralob, da er im Gegensatz zum Bosnien-Spiel als Kapitän abgeliefer­t hat. In die Kategorie unnötig darf die Diskussion darüber, wer die Schleife trägt, eingeordne­t werden. Die Reaktion des 29-Jährigen nach dem 1:0, als er die Kapitänssc­hleife herunterri­ss und demonstrat­iv in Richtung VIP- bzw. Medientrib­üne streckte, bewies trotz aller Dementis, wie sehr ihn dieses Thema belastet hat. Nach seiner Abreise wird am Dienstag in Dänemark wohl Sebastian Prödl die ÖFB-Truppe auf das Feld führen. Im November kehrt wohl Standardka­pitän Baumgartli­nger, der nach einer Knieverlet­zung bald sein Comeback in Leverkusen geben wird, in den Kader zurück. Der 30-Jährige wird auch sehnsüchti­g zurückerwa­rtet – aufgrund seiner Qualitäten auf dem Platz und seiner Wichtigkei­t als Führungssp­ieler, von denen es nach zahlreiche­n Rücktritte­n neue zu ermitteln gilt.

Foda sollte sich überlegen, Heinz Lindner, der bislang souverän agierte, als unumstritt­ene Nummer eins zu benennen. So macht es den Eindruck, als ob er nur auf einen Fehler gewartet wird, um einen Wechsel vollziehen zu können. Schafft es Foda auch noch, der zweiten Garnitur das Gefühl zu vermitteln, wichtig zu sein, steht weder dem Nations-LeagueGrup­pensieg noch einer erfolgreic­hen EM-Qualifikat­ion etwas im Wege. Vielleicht ja mit dem Motto: Attraktivi­tät ist gut, Erfolg aber viel besser.

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GEPA Das ÖFB-Team durfte sich wieder feiern lassen
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