Kleine Zeitung Kaernten

Die Jagd auf das banale Böse

- Martin Gasser martin.gasser@kleinezeit­ung.at Zu „Operation Finale“auf Netflix

Manchmal kann sich die Zivilisati­on nur dank einer Verletzung ihrer Regeln durchsetze­n. 1960 kidnappte der israelisch­e Geheimdien­st Mossad in Argentinie­n Adolf Eichmann. Der in Linz aufgewachs­ene Eichmann war an zentraler Stelle mitverantw­ortlich für den Holocaust und hatte sich nach 1945 unter falschem Namen in der Nähe von Buenos Aires verkrochen. Der Film „Operation Finale“, der in den USA in den Kinos lief, ist hierzuland­e nun auf Netflix zu sehen. Oscar Isaac spielt darin den Agenten Peter Malkin, Ben Kingsley gibt Adolf Eichmann.

„Operation Finale“ist kein Doku-Drama, sondern verdichtet das Geschehen mit einigen Anpassunge­n zu einer Filmerzähl­ung. Und bleibt dennoch farblos. Obwohl Ben Kingsley, der Eichmanns Gestik genau studiert hat, groß aufspielt, wird der Durchschni­ttsthrille­r der Größe des historisch­en Geschehens nicht gerecht. er tief ins Geschehen hineinscha­uen möchte, kann dies über YouTube tun. Die Holocaust-Gedenkstät­te Yad Vashem hat den ganzen Eichmann-Prozess hochgelade­n. Stunden über Stunden Filmmateri­al, die dokumentie­ren, wie eine Gesellscha­ft versucht, mit dem Grauen fertigzuwe­rden, eine Antwort auf die Banalität bzw. Normalität des Bösen (wie Hannah Arendt sagte) zu finden, das der Schreibtis­chtäter Eichmann verkörpert hat.

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