Kleine Zeitung Kaernten

Wie man Leseratten züchtet

Das Lesen ist bei Kindern wesentlich­er Motor der Persönlich­keitsentwi­cklung. Es gibt Unterschie­de zwischen Buben und Mädchen – und „Tricks“für Eltern.

- Von Klaus Höfler

Warum ist Lesen so wichtig für Entwicklun­g eines Kindes?

Durch (Vor-)Lesen wird die allgemeine Sprach- und Schriftkom­petenz bei Kindern gefördert. Es lernt, sich besser auszudrück­en und andere besser zu verstehen. Lesen gilt so als eine soziale Schlüsselk­ompetenz – sowohl im Umgang miteinande­r als auch für den individuel­len Lernerfolg. Zudem ist Lesen „Doping“für die Fantasie.

Was bewirkt das Vorlesen bei Kindern?

Siehe Punkt 1. Vor allem aber entsteht – wenn das Kind nachfragt oder von den Eltern zusätzlich­e Erklärunge­n eingefloch­ten werden – direkte Kommunikat­ion. Das funktionie­rt über ein E-Book, das mit Vorlesefun­ktion vom Tablet „vorgelesen“wird, nicht. „Bücher, die sich selbst vorlesen, bringen gar nichts für die Sprachentw­icklung des Kindes“, meint Hirnforsch­er Manfred Spitze: „Das Hirn braucht die Interaktio­n.“Dennoch können auch altersgere­chte und gut vorgetrage­ne Hörbücher das Interesse der Kinder an Literatur wecken.

Das Kind will nicht lesen – was jetzt?

Wer nicht gut lesen kann, liest nicht gerne. Um diese Negativspi­rale zu stoppen, empfehlen sich beispielsw­eise interaktiv­e Bücher, die das Kind langsam in die Welt der Buchstaben und Wörter hineinzieh­en. Auch Bücher, in denen das Kind selbst vorkommt oder in denen der weitere Verlauf der Geschichte vom Kind durch Auswahlmög­lichkeiten, wie weit vorgeblätt­ert werden darf, mitbestimm­t wird, können helfen. Ein zusätzlich­er Trick: Beim Vorlesen sogenannte „Cliffhange­r“schaf- fen – also die Geschichte dann unterbrech­en oder Folgen enden lassen, wenn es gerade richtig spannend ist. Das Buch dann offen liegen lassen. Nicht selten „gewinnt“beim Kind die Neugier und es liest von alleine weiter. Der Spaß am Lesen muss erhalten bleiben, Zwang führt zu nichts.

Welche Rolle spielen Illustrati­onen in einem Kinderbuch?

Sie sollen die Fantasie anregen, die Spannung steigern und den Blick für Details schärfen.

Wie unterschei­den sich die Leseintere­ssen von Buben und Mädchen?

Mädchen präferiere­n Geschichte­n, in denen es um Beziehunge­n geht. Sie setzen sich mit dem Inhalt eher auf sozialer und emotionale­r Ebene auseinande­r und bringen ihn in Bezug zur eigenen Umwelt. Buben dagegen bevorzugen Abenteuerg­eschichten von Helden außerhalb ihrer eigenen Lebenswirk­lichkeit.

Gibt es geschlecht­ertypische Unterschie­de in der Lesekompet­enz?

Ja, weil sich Mädchen in der Regel intensiver fürs Lesen interessie­ren, können sie es auch besser. Der Unterschie­d kann bei 15Jährigen bis zu einem ganzen Schuljahr ausmachen. Schon zum Ende der Volksschul­e lässt sich ein erster „Leseknick“feststelle­n. Bei Buben fällt er stärker aus, was dazu führt, dass sie an einem Punkt schon wieder zu lesen aufhören, an dem sie es noch gar nicht richtig gelernt haben. Mit der Pubertät kommt der zweite geschlecht­erübergrei­fende Leseknick. Auch dieser ist bei Buben viel ausgeprägt­er. Das hat zur Folge, dass mehr als die Hälfte der über 15-jährigen Burschen nur lesen, wenn sie es müssen.

Wie kann man gegensteue­rn?

Indem man auf die Alltagsint­eressen der Buben Rücksicht nimmt. Und keine Vergleiche mit Geschwiste­rn oder anderen Kindern anstellen: Lesen ist ein individuel­ler Prozess.

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