Kleine Zeitung Kaernten

„Kämpft für andere Frauen!“

Die Journalist­in und Aktivistin Hanna Herbst erklärt jungen Menschen Feminismus – präzise, politisch und persönlich.

- INTERVIEW. Von Julia Schafferho­fer

ie beschließe­n Ihr Buch „Feministin sagt man nicht“mit der Aussage: „Feministin sagt man doch!“Wie kam es zu diesem Projekt?

Ich habe sehr lange überlegt, ob ich dieses Buch schreiben soll. Der Brandstätt­er Verlag ist zu mir gekommen, ich habe zuerst einmal gesagt: „Das kriege ich nicht hin, das will und kann ich nicht.“Dann hat mir eine Bekannte, die damals 18 oder 19 war, geschriebe­n. „Danke! Wegen dir habe ich zum Feminismus gefunden.“Da habe ich mir gedacht: Ich darf das Buch nicht nicht schreiben.

An wen richtet sich Ihr Buch?

An junge Frauen und Männer, die entweder noch nie etwas damit zu tun hatten oder sehr großen Respekt vor dem Thema haben. Und die merken: Hey, Feminismus ist gar nicht schlimm! Das ist selbstvers­tändlich und notwendig. Bei einer Lesung bat mich eine Frau, ein Buch für ihre Tochter zu signieren, die ein Jahr alt ist. Damit sie es ihr schenken kann, wenn sie alt genug ist.

Wenn dieses Mädchen in die Pubertät kommt – welche Welt wäre ihm und uns zu wünschen?

15 Jahre sind nicht viel. Aber es hat eine gute Voraussetz­ung: eine coole Mutter! Eine, die es vielleicht freier erzieht und aufzeigt, dass man gewissen Rollen nicht entspreche­n muss. Natürlich wünsche ich der Frau, dass sie in einer Welt erwachsen wird, in der ihr etwa nicht mehr gesagt wird, dass man mit Cellulite mangelhaft ist. Dafür sind 15 Jahre vollkommen utopisch. Im Idealfall ist es eine Welt, in der es den Feminismus nicht mehr braucht, weil alles erreicht ist. Es ist ein sehr politische­r Begriff und wird von vielen in einem negativen Sinne benutzt, um Feminismus und Feministin­nen zu diffamiere­n, damit ihre Anliegen nicht ernst genommen werden. Natürlich rüttelt der Feminismus mit seiner Forderung nach an Privilegie­n. Leute, die privilegie­rt sind, müssen vielleicht welche abgeben, damit weniger Privilegie­rte welche dazubekomm­en. In den letzten Jahren ist man als Feministin zu stark auf das Reagieren fokussiert, dass wir große Utopien überhaupt nicht schaffen können.

Fehlt eine große Utopie?

Nein, die fehlt nicht. Die wäre: Die Welt ist toll, wir brauchen den Feminismus nicht mehr. Das Frauenvolk­sbegehren hat ja versucht, sich dieser Utopie durch konkrete Forderunge­n anzunähern.

Das Buch beinhaltet viele tolle Zitate großer Frauen wie jenes von der britischen Schriftste­llerin Mary Wollstonec­raft (1759– 1797) „Ich wünsche mir nicht, dass Frauen Macht über Männer haben, sondern über sich selbst.“

Wenn die wüsste, was heute ist! Es existieren so viele Forderunge­n schon so lange. Für viele Frauen, die schon seit 30, 40, 50 Jahren für die Gleichstel­lung kämpfen, ist es schwierig, dass man sich wiederhole­n muss. Selbst wenn wir alles erkämpft haben, heißt das ja nicht, dass es für ewig erkämpft ist. Wir sehen das ja verstärkt auch seit der letzten Wahl hier in Österreich.

Was sind aus Ihrer Sicht wichtige frauenpoli­tische Agenden?

Viel zu viele. Sehr wichtig aber: Gewaltschu­tz. Weil das oft nicht als österreich­isches Problem gesehen wird, sondern an Ausländer gebunden wird. Das ist politisch super verwertbar. Aktuelle Zahlen aus Deutschlan­d belegen aber: Alle 24 Stunden versucht ein Mann, seine Frau zu töten, und jeden dritten Tag gelingt das. 149 Frauen in Deutschlan­d wurden von ihrem Partner umgebracht, ca. 70 Prozent der TäGleichst­ellung

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14. OKTOBER 2018 Warum wird der Begriff Feminismus so sehr angefeinde­t?
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