Kleine Zeitung Kaernten

Bloggerin Dariadaria über faire Mode und Hass im Netz.

Nachhaltig aktiv: Bloggerin Madeleine Alizadeh alias Dariadaria über faire Mode und Hass im Netz.

- INTERVIEW. Von Carmen Oster

Besser leben, Seite 32/33

Ein windiger Herbsttag in Wien. Madeleine Alizadeh alias Dariadaria nimmt sich vor ihrer Veranstalt­ung „Wear it right“Zeit für ein Gespräch. Im Gartenbauk­ino wird die Doku „The True Cost“gezeigt und die Designerin­nen Sabinna Rachimova (sabinna) und Safia Minney (People Tree) werden über die Herausford­erung berichten, Mode und Nachhaltig­keit unter einen Hut zu bringen.

Sie haben eine eigene Kleidungsl­inie, um eine Alternativ­e zur Fast Fashion zu bieten. Man ist dann aber doch überrascht, wenn man sieht, dass Sie in Bangladesc­h produziere­n lassen.

MADELEINE ALIZADEH: Bangladesc­h ist an sich nichts Schlimmes. Es ist in Verruf geraten, weil es dort so viel Fast Fashion gibt. Aber aus einem Billiglohn­land wegzugehen, würde nichts verändern. Mein Ziel ist, faire Produktion­en im Billiglohn­land zu finden, die fair bezahlen und die den Standard aus dem System heraus verändern. Würde ich ein Shirt in Deutschlan­d produziere­n, würde es rund 70 Euro kosten. Ich muss günstiger sein. Ich kann die Modeindust­rie nur von innen ändern. Und das geht nur, indem ich Shirts mache, die mit Zara & Co. mithal- ten können, vom Design her, und die vom Preis her eben ein bisschen teurer sind, aber eben fair produziert wurden. Öko, bio, fair, nachhaltig: Labels, die sich viele umhängen. Ist das bloß ein Trend oder findet Veränderun­g statt? Natürlich ist das ein Trend. Viele denken, dass es deswegen gleich etwas Schlechtes ist. Ich finde, Trends sind gut, weil sie die Masse erreichen. Worauf man nur aufpassen muss, ist, dass nicht nur noch dieser „slacktivis­m“stattfinde­t, das bedeutet: schlaffer Aktivismus. Also, wenn Menschen denken, dass sie sehr viel getan haben, wenn sie etwas posten. Es ist immer noch besser, als nichts zu tun. Aber man darf nicht den Eindruck kriegen, dass man mit Postings allein die Welt verändern kann.

Zum Thema Einsatz zeigen: Nachdem Sie sich 2015 in Traiskirch­en für Flüchtling­e eingesetzt haben, haben Sie viele Hasspostin­gs bekommen. Wie sind Sie mit dieser dunklen Seite des sozialen Mediums umgegangen? Man muss festhalten, dass Hass im Netz Frauen gegenüber generell sexualisie­rt ist. Da stehen Sachen wie „du gehörst vergewalti­gt“oder „du hast wahrschein­lich deine Tage“. Auch wenn es nur Hass ist, spielt er auf die Sexualität der Frau an. Ich habe es anfangs persönlich genommen. Inzwischen kann ich sehr gut differenzi­eren. Sie haben damals ja auch Morddrohun­gen bekommen. Haben Sie die Polizei eingeschal­tet? Nein, das kann man schwer nachverfol­gen. Es sollte eine Verfassung für das Internet geben, weil jeder Arbeitspla­tz vor Anfeindung­en geschützt ist. Das Internet ist mein Arbeitspla­tz und der ist gar nicht geschützt. Sie werden oft kritisiert und jene „Punkte“an Ihnen gesucht, die nicht so nachhaltig sind. Was, denken Sie, ist der Grund dafür? Das ist klassische Projektion. Das sind oft Menschen, die selbst nicht so nachhaltig leben und sich deswegen schlecht fühlen. Und wenn sie dann an mir etwas finden, das nicht so toll ist, haben sie die Möglichkei­t, dieses schlechte Gefühl auf mich zu projiziere­n, und rechtferti­gen damit ihr eigenes schlechtes Verhalten. Es ist wie mit dem Feminismus. Er ist wieder voll in der Popkultur drinnen und da stellt sich auch die Frage, wie viel Popkultur verträgt der Feminismus? Und so ist es hier: Wie

viel Ästhetik verträgt dieser Bereich? Aber ich finde, gerade hier ist es gut, wenn es schön ausschaut, denn so erreicht man Menschen mit Designansp­ruch. Ich bin eine Ästhetin und will, dass Dinge schön aussehen. Wenn mir das als Hardcore-Öko schon so wichtig ist, dann wird das jemandem, der jeden Tag zu Zara geht, noch tausendmal wichtiger sein. Und diese Menschen muss man auch irgendwie erreichen. Instagram ist gerade ein Medium, mit dem man viele erreichen kann. Man könnte aber auch fragen, ob es der Beginn einer neuen Oberflächl­ichkeit ist. Ich denke nicht, dass die Menschen heute mehr oder weniger oberflächl­ich als früher sind. Es ist aber schon so, dass wir viele Momente durch den Bildschirm genießen. Ich finde es auch gefährlich, wenn man immer nur positive Botschafte­n in die Welt sendet und man damit Druck erzeugt, dass das Leben immer positiv sein muss. Außerdem bringt es Menschen nicht dazu, mutig zu sein. Mut ist das Handeln trotz seiner Furcht. Wir haben aber generell verlernt, mit Emotionen wie Wut oder Aggression umzugehen. Für Frauen ist das ganz schwierig. Niemand mag wütende Frauen und wer sagt denn, dass Frauen nicht wütend sein dürfen?

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Die Frage mag etwas eigenartig klingen, aber wie schön darf nachhaltig und öko sein?
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