Kleine Zeitung Kaernten

KÄRNTNER DES TAGES

Uni-Lehrer Karl Nessmann (62) zeigt, wie man sich aus Burn-out, Depression und Alkoholsuc­ht befreien kann.

- Von Jochen Bendele

Karl Nessmann befreite sich aus Burn-out, Depression und Alkoholsuc­ht.

Er war ausgebrann­t, arbeitsunf­ähig, verfiel in Depression­en, die seine Gefühle für seine Familie abtöteten, fand Trost im Alkohol, landete in der Psychiatri­e. Die Triade Burn-out – Depression – Sucht hatte Karl „Charly“Nessmann seit 2011 fest im Würgegriff. Er lernte seine „Hölle“kennen.

Dabei war es doch gar nicht so lange her, dass er ein beliebter Hochschull­ehrer war, guter Ehemann und Vater, Coach und angesehene­r PR-Experte. Wie hatte es nur so weit kommen können? Oder, wie er sich anfangs verzweifel­t fragte: „Warum ausgerechn­et ich?“

Die Antwort ist 333 Seiten lang und steht im Buch „Dreimal Hölle und retour! – Erfahrunge­n und Erkenntnis­se eines Betroffene­n“. Dafür arbeitete der 62-Jährige fünf Jahre seine Lebensgesc­hichte auf: Kindheit und Jugend in Arnoldstei­n; mit 16, nach dem Tod des Vaters, übernahm er den elterliche­n Betrieb mit Gasthaus, Tankstelle und Pension. Später, an der Uni Klagenfurt nahm er alle Studierend­en an,

sprang für Kollegen ein, zog Projekte und Veröffentl­ichungen durch. Er sagte nie „Nein“und arbeitete so viel und lange, dass ihn ein Enkelkind fragte: „Opa, warum isst du so schnell?“

Nessmann nimmt die Leser mit auf eine ungewöhnli­che Reise. Er sucht keine Schuldigen, sondern Erklärunge­n. Er rechnet nicht ab, sondern analysiert kritisch das pharmazeut­ische, psychiatri­sche und therapeuti­sche Angebot für Betroffene. Er benennt Missstände ebenso klar wie praktische Tipps über ganzheitli­che Hilfe für Körper, Geist und Seele. „Es bringt nichts, sich auf äußere Gründe hinauszure­den. Ich habe festgestel­lt, dass letztlich jeder für sich selbst verantwort­lich ist und seinen ei- genen Weg aus der Hölle herausfind­en muss.“Präzise beschrieb er, wie ihm das gelang. Heute ist Nessmann dankbar für das Vertrauen seiner Familie und jener Mediziner, die an seine Zukunft glaubten, als er selber nicht mehr dazu fähig war. „Ohne sie hätte ich es nicht geschafft.“

Sein Buch, eine seltene Mischung aus Wissenscha­ft, Betroffenh­eit und persönlich­er Darstellun­g, regt auch Nicht-Betroffene an, über ihr Leben und ihr Umfeld nachzudenk­en. Wie rutschen Menschen in die Krise? Wann muss was unternomme­n werden? Welche Wege führen hinaus?

Heute kann Nessmann sagen: „So gut wie jetzt ist es mir und meiner Familie noch nie gegangen.“

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FOTOGUZZI.COM Fand den Weg aus seiner eigenen „Hölle“: der Klagenfurt­er Karl „Charly“Nessmann

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