Die lange Liste rechter Rülpser
„Zur Zeit“: Die Ehrung für das rechte Magazin wurde abgesagt. Vorerst.
Der Aufschrei war groß: Das rechte Medium „Zur Zeit“, herausgegeben von Andreas Mölzer und Walter Seledec, sollte am 8. November im Palais Epstein – einem Außenquartier des Parlaments – einen Medienpreis bekommen. Anlass war das einst von FPÖPolitiker Martin Graf ins Leben gerufene Dirnhofer-Symposium.
Das löste heftige Kritik aus: Das Wochenmagazin mit einer behaupteten Auflage von 22.000 Stück ist für seine rechten Rülpser und Tabubrüche bekannt, oftmals erscheinen die Artikel unter einem Pseudonym. Erst im August definierte ein führender Funktionär im Freiheitlichen Akademikerverband die „Notwendigkeit einer Konterrevolution“. Vom Presserat mehrfach gerügt, hat das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes das Magazin als „Vorfeldorgan des Rechtsextremismus“eingestuft. 2017 erhielt „Zur Zeit“46.362 Euro Presseförderung.
Das jüngste Beispiel der Erregung stammt vom 5. Oktober. Darin formuliert ein Au- tor faschistoide „Denkanstöße“zur „Regierung der patriotischen Erneuerung“. Auf einer Doppelseite unter dem Titel „Mehr Recht, Ruhe und Ordnung im Land!“forderte dieser „Erleichterungen beim Waffeneinsatz von Exekutivbeamten“, Arbeitshäuser und Karzer wieder einzuführen oder keine Integrationsmaßnahmen für „Asylanten“. In einer Aussendung vom Montag distanziert sich das Magazin von dem Artikel. Der Text sei ursprünglich als „Brutal-Satire“gedacht gewesen und „aus Versehen“ins Blatt gerutscht – und wohl auch aus Versehen auf dem Cover angekündigt worden. Vom betreffenden Mitarbeiter werde man sich trennen. Nach Kritik vonseiten der SPÖ, der Neos und der Liste Pilz hatte die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) die Verleihung abgesagt. Ob die Absage mit der Aberkennung des Preises gleichzusetzen ist, dazu gab es zunächst keinen Kommentar. Die Kritik an „Zur Zeit“ist damit nicht verstummt.